[RSP-Karneval] Übergänge auf Charakterebene

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Zum Karneval der Rollenspielblogs hat Niniane beim Thema „Anfänge und Übergänge“ den Part der Übergänge übernommen. Entsprechende Fragen zur Inspiration für Artikel finden sich in ihrem Startbeitrag. Daran hangele ich mich auch diesmal wieder ein wenig entlang. Timberweres Einstiegsartikel findet ihr hier.

Übergang zu einem anderen System

Schon einige Male habe ich Charaktere übertragen. Zugegeben, häufiger war es nicht der Übertrag in ein wirklich anderes System. Meist war es mehr der Übergang zu einer neuen Edition. Besonders bei Shadowrun und in der World of Darkness war ich in der Vergangenheit äußerst fleißig, was solche Übergänge betrifft.

So wirklich gute Erinnerungen habe ich an solche Übergänge allerdings nicht. Bei Shadowrun habe ich da ein massives Kompetenzproblem bei meinen Charakteren gehabt (in erster Linie beim Wechsel von SR 3 auf SR 4). Bei der WoD hat sich für mich gleich mal der gesamte Charakter verschoben, zumindest gefühlt.

Was damals sicherlich nicht hilfreich war: Der Spielleiter, der uns mitteilte, dass er sich mit der nWoD ganz toll auskenne und wir darum problemlos danach spielen und er uns locker dabei helfen könne. Er hatte genau gar keine Ahnung und mit Sicherheit keine 10 Seiten des nWoD-Regelwerkes gelesen, hat eigentlich ausschließlich Unsinn von sich gegeben. Damit sorgte er aber damals dafür, dass ich die nWoD unglaublich bescheuert fand. Ich ging nämlich erst mal davon aus, dass der Spielleiter weiß, was er da erzählt. Einfach, weil man sich schon aus ein paar Sessions kannte und es keine Conrunde war oder so etwas. Ich verstehe echt nicht, was Leute antreibt, so einen Bullshit zu verzapfen.

Auch nicht hilfreich war die erste Ausgabe des Grundregelwerks von SR 4. Ihr wisst schon: das grüne Ding. Ich hab dieses Buch echt nie gemocht. Abseits der ganzen Mängel, die es hatte (und die einer Konvertierung echt abträglich waren), fand ich es immer irgendwie total leblos. Und wie konvertiert man sehr lebendige Charaktere mit actionreicher Geschichte mit einem drögen neuen Regelwerk? Meh.

Was ja viele feierten, zumindest in meinem Umfeld, war dieses Konvertierungsding, mit dem man explizit Maskerade-Charaktere (oWoD) zu Requiem (nWoD) konvertieren konnte. Auch diese Glückseligkeit hab ich nie nachvollziehen können. Für mich war das Ding so gar nicht hilfreich. Es fühlte sich schon beim Lesen irgendwie falsch an. Ich hab es mal kurzzeitig versucht, aber dann auch sehr schnell aufgegeben, damit irgendwie arbeiten zu wollen.

Übergang zu anderem Charaktertypus

Vorweg: Als festgelegt würde ich mich nicht bezeichnen, aber es gibt schon ganz klar Typen und Schwerpunkte, die ich immer wieder mal aufgreife. Im Gegensatz dazu gibt es ein paar wenige Konzepte, die ich von vornherein höchst ungern spiele.

Was für mich eigentlich immer geht, sind Heiler, naturverbundene Charaktere und bestimmte Varianten des sozialen Charakters. Bei Shadowrun habe ich übrigens in x Jahren genau 3 Sessions mit 3 (unterschiedlichen) Charakteren gespielt, die keine Schamanen waren. In diesem Spiel bin ich also wohl schon sehr festgelegt. 😉

Was für mich überhaupt nicht geht, sind klassisch schurkische Charaktere. Ob nun in der Fantasy oder modernen Settings, die gehen für mich selbst gar nicht, finde ich wahnsinnig uninteressant.

Und alles dazwischen, daneben, drunter und drüber hängt vom System und meiner Laune ab. Ich liebe kämpfende Charaktere, auch wenn das Beschreiben von Kampfsequenzen nun nicht gerade eine meiner Stärken ist. Ich mag auch mal klerikale Charaktere spielen, magische unterschiedlicher Ausprägungen, Hacker und so weiter. Da bin ich dann schon recht flexibel.

Das Spiel ändert sich für mich nur bedingt. Meine Charaktere sind eigentlich kaum mal zu 100% dies oder jenes. Will heißen, ein Kämpfer kann sich durchaus auch unterhalten, ein sozialer Charakter kann noch anderes, als sich nur zu unterhalten. Dadurch hält sich sowas die Waage, glaube ich. Relevant ist da eher die Ausrichtung der Gruppe bzw. des Abenteuers. Da sollte die Auswahl dann schon reinpassen und irgendwas zu tun haben im Verlauf.

Charaktertod

Das ist meist das erste, das in unseren Runden festgelegt wird: es wird gefälligst gestorben.

Eine Runde ohne die Konsequenz, dass ein Charakter sterben könnte, ist für mich Zeitverschwendung. Das gilt für mich übrigens generell für Konsequenzen. Man muss nicht alles übermäßig verkomplizieren (so am häufigsten bei Shadowrun erlebt), man darf auch mal Fünfe gerade sein lassen zugunsten des Heldentums, der Story etc., aber das hat doch alles seine Grenzen. Wenn sowieso egal ist, wie man agiert, wozu dann überhaupt überlegen, entscheiden, ja, wozu überhaupt spielen?

Zugegeben, Tode in der ersten Hälfte einer Session sind lästig und besonders unangenehm, einfach aus organisatorischer Sicht. Aber sonst? Ich will gefälligst um die Charaktere der anderen und meinen eigenen bangen dürfen. Nicht ständig, sondern eben in entsprechenden Situationen. Wenn nichts riskant ist, ist es auch nicht spannend.

Am Rande: Dennoch kommt es höchst selten vor, dass Charaktere in meinem Spielumfeld sterben. Wir haben zwei D&D 5-Runden mit einem TPK beendet, in der Pathfinderkampagne gab es bislang zwei Tode auf Spielerseite, aber ansonsten fällt mir jetzt zumindest keiner ein. Noch ein paar „haarscharf daneben“-Situationen zwar, aber das ist doch eine sehr milde Bilanz in Anbetracht der Anzahl der gespielten Sessions und Runden der letzten Jahre.

Die Rente

Ein bisschen steckt dieses Übergangsthema schon im Konvertierungsteil. Die gescheiterten Versuche endeten in fast allen Fällen nämlich damit, dass mit dem System- bzw. Editionswechsel auch der Charakter auf Eis gelegt wurde. Kein Tod, keine Rente, einfach ein (oft) mit vielen Erinnerungen verknüpfter Charakterbogen im Sammelordner.

Es gibt genau drei Charaktere, die ich sehr lang und/oder intensiv gespielt habe.

Nummer 1 ist ein DSA-Charakter. Sie hat im Lauf der Zeit geheiratet, Kinder bekommen und groß gezogen … und dann gab es die Runde irgendwann nicht mehr. Diesem Charakter zu Ehren gab es ein kleines Revival auf NSC-Seite. Mehr dazu hier.

Nummer 2 ist mein hauptsächlicher Vampire-Charakter. Auch die hat sich einiges aufgebaut, vor allem an Strukturen und Macht. Die stand ziemlich kurz vor einem Punkt, an dem sowas wie Rente eine gute Sache gewesen wäre. Kam nicht dazu, weil die Runde sich nach Jahren aufgelöst hat. Wäre aber im Spiel selbst auch nicht dazu gekommen, denn ansonsten hätte ich sie eben weiter gespielt statt zu berenten.

Nummer 3 ist mein erster Shadowrun-Charakter. Die habe ich irgendwann quasi berentet, weil sie schlichtweg nicht mehr spielbar war. Die Gute ist dermaßen oft mit entsprechenden späteren Makeln und Einbußen in irgendwelchen Biotanks gelandet, dass aus ihr eine recht hässliche und eingeschränkte Katzenschamanin entwickelt hat. Ihr seht den Widerspruch, ja?

Übrigens ist der Shadowrun-Charakter das beste Beispiel dafür, dass es manchmal besser ist, einen Charakter in Würde (oder in Aktion) sterben zu lassen, als sowas zu hinterlassen. Dass ich den Charakter eingemottet habe, liegt jetzt fast 15 Jahre zurück. Ich war damals tatsächlich stinksauer wegen dieser Entwicklung. Und wo ich darüber gerade tippe, merke ich, dass ich diese Entwicklung von damals tatsächlich immer noch übel nehme.

Eine Bekannte von mir besteht übrigens darauf, ihre Charaktere auch nach der Rente weiterspielen zu dürfen. Das macht sie im Rahmen von 1:1-Sessions mit ihrem Freund, der schon die entsprechende Runde leitete. Sie beschäftigt sich quasi ewig ausgiebig mit Sims-Aktivitäten und damit, das Geld ihres mittlerweile stinkreichen SR-Charakters für gute Zwecke zu spenden, für NSC Mentor zu spielen und derlei. Finde ich zwar irgendwie seltsam und öde (weil es tatsächlich gar keine Aufträge mehr gibt, sondern es reines Rentenspiel ist), aber irgendwie auch schnuffig und nachvollziehbar – und ihr? 🙂

Hä?

Die letzte Frage aus Ninianes Vorschlägen verstehe ich ehrlich gesagt nicht:

Übergänge haben auch immer etwas mit Charakterentwicklung zu tun. Ist das etwas, was nur auf der Metaebene stattfindet, oder kann man das mit Werten abbilden?

Metaebene ist doch, Erfahrungspunkte zu haben, sie auszugeben, Stufen aufzusteigen und so weiter. Also ist das doch sogar in erster Linie mit Werten abgebildet.

Für mich gibt es da zwei unterschiedliche Stränge. Einmal die besagte Metaebene, auf der sich optimalerweise Interessen und durchaus auch Veränderungen eines Charakters spiegeln. Und auf der anderen Seite sind es Nuancen im Spiel selbst, die zeigen, dass Charaktere sich entwickeln.

Auch hierzu ein Beispiel: Mein Charakter Dhana Erlhocker aus der Theaterritterkampagne.

Erstmals gespielt habe ich diesen Charakter im Oneshot „Leichenschmaus„, und erst danach startete ich mit ihr in die Kampagne.

Wer diesen Oneshot kennt, vor allem das letzte Drittel, erlebt dort (zumindest empfinde ich selbst das so) einen deutlich anderen Charakter als die Dhana, die man jetzt so im Spiel sieht. Im Oneshot ist sie noch deutlich sprunghafter, spontaner, aber auch deutlich kompromissloser und so gesehen auch egoistischer. In der Kampagne ist das anfangs noch ähnlich, aber da demonstriert sie dann nicht nur ihre persönliche Vorstellung von Gerechtigkeit, sondern auch generelles Mitgefühl. Und sie ist gezwungen, sich zurückzuhalten und es stattdessen mit Diplomatie zu versuchen.

Das ist aber alles derselbe Charakter und zumindest ich erkenne ihn auch wieder. Die Entwicklungen im Spiel sorgen also dafür, dass man andere Seiten von ihr sieht oder manches deutlicher wird. Von den Werten her hat sich da aber kaum was geändert, und ich finde das durchaus schlüssig so.

Falls ihr zufällig den Oneshot und die Kampagne kennt: Ist eure Einschätzung ähnlich oder eine andere?

Nicht zuletzt überwindet sie aber auch zu einem Teil ihren Ekel vor Blut und Wunden, um anderen helfen zu können, wenn es sein muss. Hätte es diese Szene im Spiel nicht gegeben, die sie dazu verleitet, hätte ich in „Heilkunde Wunden“ auch keine Punkte gesetzt. Hier sind Spiel- und Metaebene also miteinander verzahnt.

Summa summarum: Läuft das nicht immer ungefähr so?