[RSP-Karneval] SciFi: Nostalgie, Suche, Hoffnung

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Woa, da haut Greifenklaue beim Karneval der Rollenspielblogs wieder mit einem Thema rein, vor dem ich stehe wie der Ochs vor dem Berge. Vor allem Aus den Schatten und natürlich auch d6ideas hauen voll in die Tasten und ich … sitz hier immer noch vor dem Bildschirm wie der Ochs vor dem Berge.

Kapitäne und ihre Schiffe sollen es sein.

Als erstes fiel mir da meine Anuu-Kapitänin aus der LOGE von Splittermond ein. Aber da hab ich nur ein paar Spielzüge mitgemacht.

Dann fiel mir ein anstehender Oneshot ein, aber den will ich vorab natürlich nicht spoilern.

Ghosts of Saltmarsh für DnD 5 ist recht frisch, da könnte man auch was zu schreiben, oder?

Nee. Ich bleib natürlich beim Vorschlag für Anekdotisches erst mal hängen, klar.

Streng genommen gibt es die Story schon auf dem Blog. Und zwar hier in der Retro-Reihe. Die erzähle ich jetzt nicht komplett neu, sondern fasse mal kurz zusammen und schreibe dann, welche Auswirkungen das alles so hatte.

Zusammenfassung

2001 erstellte ich meinen ersten Charakter für ein SciFi-Spiel, und zwar Traveller, mit GURPS, so war der Plan. Meine Eltern waren damals wenig begeistert von meinem Hobby und meine Mum hat es bis heute – selbst mit Youtube-Unterstützung – nicht so wirklich verstanden. Kennt man ja, macht auch nichts. Problematisch war aber, dass beinahe ein Streit ausbrach, als ich erzählte, dass ich jetzt noch eine Runde spielen würde. Als ich aber dann erwähnte, dass es SciFi wäre, war mein Vater plötzlich interessiert und der Streit vom Tisch. Das war echt verwirrend.

Das Ende vom Lied war, dass mein Vater sich mit 50 Jahren erstmals selbst einen Charakter erstellt hat und in die Runde mit eingestiegen ist. Platz war noch, war eine neue Runde. Ich ging davon aus, dass es eine ziemliche Blamage würde.

Es dauerte etwa 3 Sessions, bis der Charakter meines Vaters Kapitän des Schiffes war. Tja.

Die Konstellation

Im Nachhinein betrachtet war das eine sehr seltsame Konstellation, die da zusammen am Tisch saß. Auch abseits der Story von meinem Vater und mir.

Es gab den damaligen Freund meines besten Freundes (Mitte 30), derweil mein bester Freund auf SciFi so gar keinen Bock hatte. Dann gab es noch zwei Damen, die aus einer Spielerdatenbank heraus vom SL rekrutiert wurden. Die eine wahnsinniger GURPS-Fan knapp Mitte 30, die alles Mögliche selbst übersetzt hatte von GURPS und einen handgeschriebenen und an sie gerichteten Brief von Steve Jackson himself  gerahmt in ihrer Küche hängen hatte. Ihr Bruder spielte in der Runde ebenfalls mit. Die andere interessierte Rollenspielerin nach eigener Aussage Anfang 20, die sich aber just vor Start der Runde frisch verliebt hatte und darum mehr ab- als anwesend war. Na, und meinen Vater und mich eben.

Also gab es 6 Spieler*innen und unseren SL, mit dem ich zuvor eine Weile lang Earthdawn gespielt hatte.

Die Charaktere

Auzug SC-Bogen
Auzug SC-Bogen

Die Charaktere waren ziemlich durcheinander gewürfelt und nicht unbedingt  immer das, was man bei einer SciFi-Runde so erwarten würde. Mein Vater war auf jeden Fall erfahrener Pilot, besagter Freund des Freundes auch eher klassisch auf Sicherheit ausgelegt, wenn ich mich recht erinnere. Die frisch Verliebte spielte – glaube ich – eine Händlerin und die Mitspielerin Mitte 30 einen Archäologen. Was ihr Bruder spielte, kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen (Oder spielte er die Händlerin? Hm.) Ich selbst hab eine Molekularköchin gespielt.

Es gab keinerlei Vorgaben, sondern wir sollten einfach alle das erstellen, worauf wir Bock hatten.

Die Sessions

Nachdem die SC erstellt waren und eben so gemischter Art beschloss der SL, dass wir uns aus unterschiedlichen Gründen bei einem Bankett auf einem Raumschiff begegnen würden. Der eine als Sicherheitskraft dort, ich selbst als Köchin und so weiter.

Dann gab es einen recht klassischen Überfall im Verlauf des Banketts und längst im All unterwegs, bei dem wir uns unserer Haut erretten mussten. Wir konnten mit vereinten Kräften schließlich die Kontrolle über das Schiff an uns reißen und mussten zusehen, dass wir – quasi wortwörtlich – Land gewinnen.

Viel mehr ist eigentlich nicht passiert, bis die Runde aus gänzlichen Outplay-Gründen crashte.

Was war daran jetzt so toll?

Ihr wisst ja, wie das ist, wenn man von Charakteren, Runden, Szenen usw. erzählt, gell?

Die sind nacherzählt nie auch nur halb so spannend, als wenn man sie selbst erlebt hat.

Darum – und weil die Runde jetzt fast 20 Jahre zurückliegt – hab ich mich auch sehr kurz gefasst.

Fakt ist, dass die Runde abseits des späteren Crashs megaviel Spaß gemacht hat, sowohl meinem Vater als auch mir. Ach, allen Beteiligten. Weil wir alle immer was zu tun hatten und der Mix aus SciFi und Gegenwartselementen immer richtig gut war.

Wir hatten irre viel Spaß, haben sehr viel gelacht, hatten Action und eher „gesellschaftliche“ und soziale Inhalte. Alles war drin und nichts wichtiger als was anderes.

Ich weiß, dass ein Kern der Gruppe noch lange weitergespielt hat, später als Mitglieder der Spinward DevCorp (SDC). Immerhin. 🙂

Ich hab so eine Runde bislang nie wieder gefunden und auch kein Spiel, um das abzubilden.

Und wo ist das Problem?

SciFi setzt vorrangig auf militärische Charaktere, auf Kämpfe, Raumkämpfe usw.

Diplomaten gehen noch ein bisschen häufiger. Politisches Geplänkel, Wogen glätten und so.

Hier und da kommen mal Forscher und Mediziner vor, aber die haben dann in der Regel nix zu tun. Und auf solche Charaktere hab ich am meisten Bock.

Klar kannst du mal würfeln. Und in der Regel gelingt dir der Wurf auch schon fast automatisch, weil du nämlich x Boni bekommst, weil du HighTech-Konsolen, -sensoren, -pipapo hast. Im Grunde kannst du dir den Wurf also auch schenken. Und zig Stunden irgendwo sitzen und darauf zu warten, dass man dir nen Auto-Win zuschustert oder jemand so mächtig zusammengeschossen wird, dass vielleicht doch du und nicht das medizinische Gerät das Zünglein an der Waage sind, das ist schon ziemlich öde.

Der Mix aus allem stimmt einfach nicht.

SciFi-Versuche

Zunächst habe ich natürlich nach dem „Original“ gesucht, mich also selbst sowohl in GURPS (mit Traveller) als auch in Traveller selbst einzufuchsen begonnen und nach einer Weile versucht, dafür Mitspieler*innen zu finden. Ist mir für keine der beiden Varianten je gelungen.

Dann hab ich versucht, mich mit Warhammer 40k anzufreunden, weil das viele spielen und immerhin auch SciFi ist, aber das geht für mich leider gar nicht. Und sind wir mal ehrlich: Abseits von vielleicht einem etwas hingedrehten Rogue Trader lässt sich so eine ähnliche/vergleichbare Runde in dem Setting auch nicht abbilden.

Ein Freund hat dann mit einem unglaublich zeitlichen Aufwand mal diverse SciFi-Settings mit Perry Rhodan (oh, damit hatte ich es auch mal versucht!) als hauptsächlicher Storyline zusammengeschrieben und für die Chronicles of Darkness (genau genommen nWoD 1.0) aufbereitet. Da hab ich mich wahnsinnig drauf gefreut und es war leider ein ziemlicher Reinfall.

NOVA hab ich dann auch mal versucht. Das war mir zu … trocken, auch wenn man dem Werk die Leidenschaft des Machers angemerkt hat.

Dann gab es eine coole Runde mit Starslayers und laaaangen Gespräche mit dem Erschaffer Christian darüber. Das hat mich ziemlich angefixt, sowohl Starslayers an sich, als auch die Gespräche und sein Interesse an dem, wonach ich da eigentlich genau suche und was mir fehlt. Das hätte was werden können. Leider ist das Grundregelwerk (vollständig) dazu bislang nicht erschienen, hinkt also 3+ Jahre hinterher. Und die Hürden dafür, dass es noch kommen könnte, die sind mittlerweile so hoch, dass man ein Hochhaus bauen könnte, glaube ich. Schade.

Als es noch recht neu war, hab ich es natürlich auch mit Coriolis versucht, aber ich kann da nicht so recht ins Setting mit diesen Ikonen und „SciFi meets Arabian Nights“ eintauchen. Würde jetzt vielleicht etwas besser klappen, nachdem ich die Serie Killjoys gesehen habe, die ja durchaus – ohne Ikonen – in eine ähnliche Richtung geht teilweise.

Mein „Baby“ in dieser Hinsicht ist aber nun schon seit fast 3,5 Jahren Fragged Empire. Hilft mir aber auch nicht, weil das nämlich auch wieder niemand spielen will. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass dieses Spiel genau das kann, was ich haben will. Hab ich nur nix von, wenn es beim Lesen bleibt. Drei Oneshots habe ich bislang anbieten können, kamen alle mäßig gut an. Weitere drei Runden hab ich angeboten, die aus unterschiedlichen Gründen dann nicht stattfanden.

Warum?

  1. Klassische Rückmeldung dazu ist, es sei zu komplex/kompliziert. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen (und ich frühstücke Spielregeln nun wirklich nicht nebenher). Diese Rückmeldung wird oft in Verbindung mit dem Charakterbogen gesetzt, der ja überaus undurchschaubar und umfassend sei. Ist er aber gar nicht. Ehrlich nicht.
  2. Das Spiel ist auf den ersten 2-3 Leveln relativ öde in der Hinsicht, dass sich die Charaktere kaum voneinander unterscheiden. Die Oneshots hab ich jeweils auf Level 1 und Level 2 angeboten. Meiner Ansicht nach entfalten sich die Möglichkeiten des Spiels erst richtig bzw. nur im Rahmen des Kampagnenspiels. Da müsste ich mal hinkommen, um das wirklich zu bestätigen (oder einen Rückzieher machen zu müssen).
  3. Wie so manch anderes cooles Spiel kam die deutsche Fassung bei Ulisses raus. Das bedeutet in diesem Fall, wie bei so manch anderem coolen Spiel, dass außer fanseitiger Unterstützung quasi kein weiterer Support stattfindet. Den pumpt man halt in DSA, das Hexxen-Ding oder mittlerweile in DnD 5. Offiziell wurde im Sommer 2018 bestätigt, dass man Fragged Empire auslaufen ließe, weil ihnen die Veröffentlichungspolitik zu unstet sei. Was das genau heißt, dazu zitiere ich mal Michael Mingers:

Das Problem ist eher, dass danach nichts für Fragged Empire erschienen ist, sondern er zig Nebenschauplätze eröffnet, die dabei stellenweise massiv in die Regeln eingreifen. Und jemanden zu erklären, dass er für das Piraten- oder Fantasysetting das ihn reizt ein SciFi-Spiel kaufen soll, ist auch schwierig zu vermitteln.

Sollte Wade mal ein „Fragged Core“ veröffentlichen und dafür dann Settingbände, wäre das für uns durchaus wieder eine Überlegung wert. Bis dahin haben wir einige andere Baustellen, die wir eher angehen würden.

Das war es dann für die deutsche Version. Und wie das schon immer war und immer noch ist mit der Verbreitung vieler englischsprachiger Rollenspiele in Deutschland … c’est la vie.

Ach, aktuell läuft übrigens noch bis zum 27.7. ein Kickstarter für Settingbände des Originals. Nicht nur für Fragged Empire, aber auch.

Hab ich schon erwähnt, dass man in Fragged Empire natürlich auch seine eigenen Raumschiffe basteln, kaufen und erweitern kann und so? 😉

Ich hoffe einfach mal, dass ich dafür doch noch mal eine Kampagnengruppe finde.

Wer mehr zum Spiel wissen will … ich hab da ein bisschen was

 

 

 

 

7 Kommentare

  1. Spannender Artikel, gerade in Bezug auf die Konstellation mit Deinem Vater. Hat er später nochmal was gespielt? Starslayers … ach ja. Was ist eigentlich mit Starfinder, gerade da Du schon Pathfinder spielst?

    @Ulisses-Support: Selbst D&D 5 wird nicht supportet… Bzw. OKay, es gibt ein Lets Play-Format dazu.

  2. Mein Vater hat sein Glück noch mal bei Shadowrun versucht, war aber nicht seins, war nur eine Session. Da war die Gruppe aber auch komplett 18-20 und ich die Älteste ansonsten, hing womöglich auch damit zusammen.
    Aber ich hab ihn später mit zum Battletech genommen und da ist er dann VOLL eingestiegen. Hing nur noch in Modellbau- und Bastelläden rum für Gelände und Malkram und hat da voll aufgefahren, auch die Romane gelesen und so. 🙂

    Starfinder ist gar nichts für mich. Pathfinder spiele ich NICHT mehr jetzt. 😉 Verfolge da einen Stream auf Youtube und hab dadurch gemerkt, dass mich das so gar nicht kickt.

    Stimmt mit DnD5 …

  3. Schönen guten schrompf,
    Wenn ich mir vorstelle mit meinem paps pnp zu spielen… Das wäre sicherlich denkwürdig!

    Ich habe ja tatsächlich an einem der fragen empire oneshots teilgenommen und fand das system nicht schlecht, auch wenn ich wenig vergleichsmöglichkeiten hatte. Also wenn da mal suche nach spielen ist bin ich gern wieder dabei soweit zeit da ist.

  4. Sehr schöne Geschichte mit deinem Herrn Papa.

    Zu Fragged Empire: Ja, die Endrücke teile ich weitesgehend. Die Regeln sind wirklich einfach, aber (zum. in der deutschen Ausgabe) grausam geschrieben. Das Verstehen der Regeln wird da zum Problem, weil die Struktur, in der die Regeln erklärt werden, total gaga ist. Schade, wo in dem Regelwerk viele tolle Ideen, grade in Sachen Layout, drin sind.
    Ähnlich der Charakterbogen: Eigentlich gute Gedanken drin, aber der neue! Spieler wird einfach völlig reizüberflutet mit der Informationswelle, die mit den eigentlich nur 3 Seiten über ihn hinwegwäscht.
    Zu Punkt 2: Jap, auch den Punkt sehe ich und ich habe ähnliche Vermutungen.

    Wenn du mal wieder einen anbieten möchtest, dann mache ich gerne mit. Überlege selbst, ob ich nicht auch nochmal ne Runde anbiete. Mir hat mein einer Ausflug ins System eigentlich ganz gut gefallen…

  5. Die Regeln sind generell eher hölzern als enthusiastisch geschrieben, sehr „technisch“. Ist im Original genau so. Im Deutschen hat man sich davon nur leider nicht gelöst, sondern es an manchen Stellen meiner Meinung nach noch schlimmer gemacht. Beispiele: die Kurzgeschichten in ihrer Form und dieses vermaledeite Großschreiben von allen Merkmalen, wodurch Sätze entstehen, die … seltsam sind.
    Cool, dass dich das Spiel dennoch noch interessiert. 🙂

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