Mutant: Genlab Alpha – Erste Eindrücke

Ich bin momentan unglaublich angefixt von Mutant: Genlab Alpha.

Mutant: Year Zero

Als das postapokalyptische Spiel damals (ist ja schon fast zwei Jahre her, hehe) erschien, war ich sofort unheimlich angetan davon. Das lag nicht mal an irgendwelchen Mechaniken oder sonstigen Vorabkenntnissen zum Spiel, sondern vielmehr an der schlichten Tatsache, dass es sich um ein neues Spiel mit postapokalyptischem Setting handelte. Und ich mag nun mal postapokalyptische Spiele, Bücher und so weiter, habe ja auch nach wie vor die Nase nicht von Zombies voll. 😉

Als ich dann feststellte, dass das Spiel verschieden farbige Würfel mit speziellen Symbolen nutzt, war ich erst mal abgeschreckt. Das Spiel an den Tisch bringen zu können, war zu dem Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich, und es für ein Onlinespiel tauglich zu haben, erschien mir zu kompliziert. Hätte ich mich näher damit befasst, hätte ich festgestellt, dass man sowohl um Karten als auch Würfel „drumrum“ spielen kann. Hab ich etwas später auch rausgefunden, aber da war der erste Hype vorbei.

Naja, seither sind eine Menge Spiele neu erschienen und noch viel ältere harrten im Schrank darauf, endlich mal gespielt zu werden … und das war es dann auch schon mit Mutant: Year Zero und mir.

Der Kickstarter von Mutant: Genlab Alpha

Es kommt selten vor, dass mich ein Crowdfunding wirklich so begeistert, dass ich irgendwas daraus un-be-dingt haben möchte. So selten, dass ich so eben noch mit den Fingern einer Hand auskomme, wenn ich meine Beteiligung an Crowdfundings zusammen zähle.

Die Ankündigung zu Mutant: Genlab Alpha hat aber auf jeden Fall einen Nerv bei mir getroffen. Sowohl die Beschreibungen dazu als auch vor allem der Trailer. Den Trailer von Mutant: Year Zero fand ich nicht sonderlich toll, aber der Trailer von Mutant: Genlab Alpha, der hat einfach was. Das Artwork spricht mich unheimlich an, die Stimme spricht mich unheimlich an, das Setting spricht mich unheimlich an … ihr merkt schon: Richtig angefixt hat mich das.

Und so wurde dies also der wenigen Projekte, bei denen ich un-be-dingt dabei sein wollte. Ich hab eine Weile überlegt, ob mit oder ohne Grundbuch zu Mutant: Year Zero, mich aber letztlich dagegen entschieden (und ärgere mich darüber schon ein bisschen mittlerweile).

Es ist da!

Wie ein kleines Kind habe ich mich gefreut, als das Paket endlich ankam. Dabei ist „endlich“ relativ zu sehen, denn das Ganze hatte gerade mal etwa drei Wochen Verspätung, wenn man das überhaupt als solche bezeichnen kann (mit Versand etc.).

Ich hab dazu gleich mal ein Video-Unboxing gemacht, und da es sich um ein „echtes“ Unboxing handelte, ich also vorher noch nicht alles unter die Lupe genommen hatte (und meine PDF-Links noch nicht genutzt hatte), konnte ich mich zu dem Zeitpunkt tatsächlich primär auch nur über die physischen Anteile der Box als solcher freuen und nicht so viel Inhaltliches dazu sagen.

Das geht runter wie Öl

Schon beim ersten Öffnen ist mir aufgefallen, dass die Schrift recht groß ist und die Zeilenabstände es ebenfalls sind. Das führt bei mir neben dem wirklich angenehm zu lesenden Englisch zu einem absoluten Lesevergnügen.

Mutant: Genlab Alpha ist auch kein Wälzer, sondern umfasst gerade mal knapp 240 Seiten (davon gerade mal 100 Seiten, die sich an Spieler richten, den Rest machen SL-Informationen und Kampagne aus), ist reichlich illustriert und mit den eben erwähnten Schriftmerkmalen ausgestattet, also inhaltlich überschaubar.

In nur zwei Tagen hatte ich – trotz des immer wieder erwähnten (Frei)zeitmangels mal eben so knapp die Hälfte des Buches gelesen. Und ich bin begeistert!

Für Mutant-Newbies geeignet?

Es macht natürlich einen Unterschied, ob man bereits Erfahrungen (ob nun bei der Lektüre oder beim Spielen/Leiten) mit Mutant: Year Zero gesammelt hat oder sich einfach mal direkt auf ein Nachfolgebuch stürzt, auch wenn dieses als absolut eigenständig angepriesen wurde.

An einigen Stellen wird darauf hingewiesen, dass etwas ebenso geregelt ist wie in Mutant: Year Zero, an anderen Stellen findet sich der Hinweis, dass es im Vergleich zu Mutant: Year Zero anders, nämlich so und so, sei, und an wieder weiteren Stellen gibt es Balken, die darauf verweisen, dass eine Mechanik, wie sie gerade an der Stelle für Mutant: Genlab Alpha vorgestellt wird, ab sofort auch für Mutant: Year Zero gültig sei.

Gerade bei letzterem weiß ich nicht, inwiefern diese Updates auch den Leuten zugänglich gemacht wurden oder werden, die auf Mutant: Genlab Alpha verzichten wollen. Ist kein unwichtiger Punkt, aber eben keiner, den ich aktuell beurteilen kann.

Davon abgesehen ist Mutant: Genlab Alpha aber auf jeden Fall gut erklärt und bislang bin ich auf keine Verständnisprobleme gestoßen, weil ich den Vorgänger des Systems nicht kenne.

Allgemeiner Ersteindruck vom Setting

Es gibt eine – mehr oder minder logische – Erklärung dafür, wie es zu den „menschlichen Tieren“ gekommen ist und warum diese so völlig isoliert sind. Mir reicht das aus, auch wenn man nicht zu tief mit Realismus ranbohren sollte, und es gibt mir die Möglichkeit, beide Spiele wirklich völlig eigenständig voneinander zu spielen. Gleichzeitig bieten dieselben Erklärungen und Anreize aber auch die Möglichkeit, beides miteinander zu kombinieren. Besser geht es ja nicht.

Wer ein bisschen Ahnung von Mutant: Year Zero hat, fragt mich gleich, wie es denn mit den Arks so ist, die man bei Mutant: Genlab Alpha so bauen kann, ob sie genauso sind oder irgendwie anders zu bauen. Die Antwort ruft erst mal sowas wie Enttäuschung hervor, denn es gibt keine Arks in Mutant: Genlab Alpha. Dazu später noch ein paar Worte mehr.

Die Tiermutationen im Spiel leben alle in ihrem eigenen Bereich, innerhalb ihres Tribes. Natürlich gibt es hier und Anknüpfungspunkte, aber grundsätzlich ist das verbindende Element der Charaktere die existierende Widerstandsbewegung. Man kann das Spiel in der Form entdecken, dass man den Widerstand außen vor lässt, sollte dann aber sämtliche Charaktere aus demselben Tribe (und damit derselben Tierfamilie) stammen lassen. Die Erklärung für gemischte Gruppen ist eben die, dass alle ein gemeinsames Ziel verfolgen, nämlich eben die Aktivität in besagter Widerstandsbewegung.

Auch wenn man sich innerhalb des Widerstandes über die Basisziele der Bewegung einig ist – Freiheit erlangen, von den Wächtern befreien -, so lässt das Setting doch recht viele Freiheiten im Detail, um dem Ganzen noch eine eigene Note zuzufügen, auch charakterindividuell. Das mag ich.

Alles ist mitsamt Illustrationen, Karten, NSC-Beschreibungen so belebt und beschrieben, dass man mit wenig eigener Vorarbeit in den einzelnen Gebieten gleich loslegen kann, zugleich wird man auch dort nicht erschlagen von Dingen, die in Stein gemeißelt wären.

Allgemeiner Ersteindruck von den Mechaniken

Die sind für mich als „Mutant-Neuling“ natürlich besonders spannend, da eben komplett neu für mich.

Ich war erst mal überrascht davon, wie simpel die Charaktererschaffung verläuft. Gerade mal 4 Attribute, 12 Skills plus einem Sonderskill je nach Rolle, das ist schon mal übersichtlich. Man wählt Rasse, Rolle (auch davon gibt es hier lediglich 5), eines von drei zur Verfügung stehenden Talenten sowie zwei Animal Powers, und das war es dann eigentlich auch schon.

Das Würfelprinzip mit drei verschieden farbigen Würfeln und Spezialsymbolen hatte ich – wie oben schon mal ansatzweise erwähnt – für sperrig und kompliziert gehalten, war dann aber umso mehr überrascht, wie simpel es ist (und wie leicht es sich tatsächlich durch W6 ersetzen lassen würde). Grundsätzlich steht sogar im Buch, man solle nicht ZU viel würfeln, sondern – gerade auf Spielerseite – einfach auch mal so Sachen beschreiben und das passe dann schon so. Mag ich ebenfalls, kommt mir entgegen.

Gleichzeitig steckt der Teufel hier im Detail, denn zwar ist das Grundprinzip äußerst simpel und schnell zu lernen, das Ganze verzahnt sich aber durchaus weiter. Passiert nämlich A, muss man B würfeln, um C festzulegen, was einem den Zustand D verleiht, den man mit E beheben kann, um es mal ganz simpel darzustellen. Das bringt allerdings dann letztlich kein Crunchmonster zum Tragen, sondern vielmehr eine angenehme Komponente, in der eine gewisse vorausschauende Planung von Aktionen bei aller Leichtigkeit durchaus ihren Platz findet.

Und es gibt einen „Ersatz“ für das Bauen von Arks und so (nehme ich an, kenne Mutant: Year Zero und die Möglichkeiten dort ja nicht alle):

Zellen & Operationen

Folgt man der Prämisse des Spielens von Widerstandscharakteren, kommt im Kampagnenspiel ein wirklich strategisches Element hinzu, allerdings eines, das erst mal ganz schön „meta“ ist: Operationen.

Mindestens einmal pro Session einer Kampagne soll ein solcher „strategic turn“ stattfinden, wobei man je nach Gusto auch daran drehen kann und zum Beispiel zwei davon pro Runde ansetzt.

Während dieser Aktion planen die Spieler, und zwar in ABWESENHEIT der SL, ihre Operationen, und zwar eine je Zelle, die ihnen zur Verfügung steht.

Das Spiel startet mit einer Übersicht (auf einem DIN A4-Blatt) mit einer Liste aller vorhandenen Tribes, ihrer Startpopulation sowie ihrer anfänglichen Bereitschaft zur Rebellion. Außerdem starten die Spieler mit zwei zur Verfügung stehenden Zellen, die sie also zu Anfang ins Rennen schicken können.

Es gibt eine Liste mit neun zur Verfügung stehenden Operationen. Man kann beispielsweise Gerüchte streuen (mit unterschiedlichen Intentionen), Sabotage betreiben, einen Angriff starten oder eben auch versuchen, eine neue Zelle irgendwo zu rekutieren.

Ebenfalls planen die Spieler ihren eigenen Operationszug, denn die Gruppe als solche gilt ebenfalls als Zelle.

Die SL derweil plant ihren eigenen Zug, denn auch sie hat eine (andere) Liste und zur Verfügung stehende Truppen. Für die SL gilt es abzuschätzen, wo und wie die Spieler ihre Zellen aktivieren und entsprechend zu versuchen, gegenzusteuern.

Haben beide Parteien ihren Zug notiert, wird parallel aufgedeckt und abgewickelt. Die Ergebnisse schlagen sich in Zahlen nieder (Population sinkt beispielsweise), werden notiert und sind als Sidekicks für die weitere Geschichte gedacht. Nur die Operation der SC wird benannt und dann nicht einfach auf einem Zettel abgehandelt, sondern ausgespielt.

Ich finde es schwierig, dieses Spielement umzusetzen (gerade online), aber zugleich finde ich es auch sehr spannend und freu mich darauf, es auszuprobieren. Gelesen habe ich von anderen Runden da schon einiges. Und das bringt mich zum nächsten Punkt:

Hat das alles keinen Sinn?

Auf den ersten Blick wirkt das Spiel gar nicht mal sonderlich düster. Das Feeling der Postapokalypse ist auf Grund der tierischen Charaktere erst mal nicht so wirklich da, und nur wenige Elemente weisen in die (klassische) Richtung. Ich würde das Spiel eher noch im Bereich irgendwo zwischen Dystopie und Fabel ansiedeln. Es gibt einen Widerstand, es gibt einen Grund zu kämpfen, und es gibt entsprechend Hoffnung, eher ein „Wir schaffen das!„.

Erst auf den zweiten Blick wird klar, dass das Spiel ganz schön düster und auch tödlich sein kann. Unter anderem im GM-Kapitel wird auch darauf verwiesen, dass Charaktere bewusst schnell zu generieren sind – man braucht nämlich vielleicht im Verlauf mehrere davon …

Auch den Operationen bin ich erst mal auf den Leim gegangen und hab sie als „nice to have“ eingeschätzt, mit dem die Charaktere mit den Zügen immer mehr Zellen generieren, mit denen sie den Widerstand anfeuern können. Tatsächlich kann das aber auch anders aussehen. Vielleicht stehen die Charaktere nach 2-3 Zügen da und haben nur noch eine einzige Widerstandszelle, nämlich sie selbst.

Letztlich muss sich im Spieltest zeigen, wie hoffnungsvoll oder degenerativ man an Mutant: Genlab Alpha so rangehen kann und sollte. Ich bin in jedem Fall sehr gespannt darauf, egal, wie es ausgeht. Ich halte euch auf dem Laufenden! 🙂