Iron Kingdoms-Oneshot „Bitter Medicine I“

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Schon länger hatte ich vor, bei Youtube einiges zu Iron Kingdoms zu machen. Wie das so ist: keine Zeit, mehr Lust auf was anderes, noch was anderes … naja, jedenfalls hat es ewig gedauert, bis ich da mal aus den Puschen gekommen bin.

Just, als ich ohnehin dabei war, Oneshots für Iron Kingdoms vorzubereiten, kam dann auch in der deutschsprachigen Rollenspielcommunity bei G+ auf, dass einige gern mehr zum System wissen beziehungsweise es gern einmal spielen würden. Diejenigen, für die OnAir (wofür ich eh schon plante) kein Hindernis darstellte, hatte ich dann auch angeschrieben und je nachdem auch zu einem Doodle eingeladen. Von dem dort bekundeten Interesse blieb übrigens nicht viel übrig. Die meisten Leute antworteten nicht, nahmen nicht am Doodle teil oder meldeten sich verspätet zu einem Zeitpunkt, als bereits zwei Runden zustande gekommen waren.

Dennoch hatte ich mir vorgenommen, beim ersten Oneshot vor allem auf das System von Iron Kingdoms einzugehen, damit man auch als Zuschauer möglichst viel daraus mitbekommen kann. Zu diesem Zweck hatte ich mir das offizielle Abenteuer „Bitter Medicine“ ausgesucht, das nämlich tatsächlich recht viel an unterschiedlichen Aktionen usw. einbindet.

Außerdem habe ich sechs Charaktere zur Auswahl erstellt und in den PreGen-Ordner der Rollenspielcommunity gepackt. So konnten die Mitspieler ein bisschen aussuchen und zugleich stehen diese Charaktere auch allen anderen Interessierten zur Ansicht zur Verfügung, also zum Beispiel auch wieder denen, die sich den Stream ansehen. Beim Bau der Charaktere habe ich darauf geachtet, dass mit einer Ausnahme alle Charaktere menschlich sind (weil die Eisernen Königreiche nun mal auch in erster Linie von Menschen bewohnt werden), und dass auch dort verschiedene Systembesonderheiten zum Tragen kommen, indem ich entsprechende Karrieren (man wählt pro Charakter stets zwei) auswähle. So gibt es beispielsweise eine Sturmklinge, eine Art cygnarischer Ritter mit einer elektrischen Sturmgleve, einen GobberFeldmekaniker mit einem einfachen Work-Jack (Jacks sind die „Mechs“ bei Iron Kingdoms) und einen Pistolenmagier, der seine mit Runen verzierten Kugeln mit magischen Effekten belegen kann (der Pistolenmagier bei den PreGens ist allerdings ein anderer als der, der im Oneshot vorkam).

Bitter Medicine“ habe ich zuvor schon mal in einer anderen Gruppe geleitet. Zu diesem Abenteuer werde ich wohl demnächst noch einen separaten Artikel schreiben, weil es ganz interessant ist, diese beiden Runden mal zu vergleichen, jetzt allerdings ist das noch nicht so sinnvoll, da die Youtube-Runde das Abenteuer erst am 11.7. abschließen wird.

Die Grundvoraussetzungen waren auf jeden Fall gleich, nämlich alles Leute, die mit dem System nicht vertraut sind.

Um möglichst viel vom Stream zu haben, habe ich mir heute Vormittag mal ein paar Stunden (!) Zeit genommen, den gesamten Stream nochmals angesehen und ihn parallel mit entsprechenden Anmerkungen/Erklärungen versehen. Da es an die 20 Anmerkungen geworden sind, lohnt es sich bei diesem Stream also vielleicht, ihn tatsächlich auch anzusehen statt ihn nur anzuhören (was ja recht viele machen), außerdem empfinde ich selbst den Einsatz von Roll20 als sehr hilfreich zum Nachvollziehen des Ganzen.

Mal zu meinem eigenen Feedback:

Mit dem Ablauf des Ganzen an sich bin ich eigentlich soweit recht zufrieden. Im Vordergrund sollte bei diesem Stream tatsächlich das System stehen, und ich denke, das hat auch ganz gut geklappt soweit. 😉 Man bekommt die Grundmechaniken mit, es gibt sogar einen sozialen Wurf zwischendrin, unterschiedliche Formen von NSC, den Einsatz unterschiedlicher Waffen (da wäre NSC-seitig mehr gegangen, aber okay), man sieht den Pistolenmagier in Aktion sowie die Sturmgleve im Fernkampf. Ich glaube, die ersten 12min. der Einführung (Vorstellen der Welt und der Charaktere) hat soweit auch ganz gut grobe erste Eindrücke vermittelt.

Der gesamte Stream umfasst knapp 2,5 Stunden. Die erste Viertelstunde beinhaltet wie gesagt die Einführung, eine weitere Viertelstunde war „Einspielen“, danach begann im Grunde der Kampf, der sich bis zum Ende des Streams zog (und nicht abschließend beendet wurde), nämlich 90 Minuten, um genau zu sein. Die restliche Zeit wurde mit einer Nachbesprechung verbracht.

Die sehr tabletopnahe Kampflastigkeit von Iron Kingdoms ist damit mal auf jeden Fall klar geworden. Für sich genommen ist dieses Bild natürlich ein wenig schief, denn es gibt auch zahlreiche Möglichkeiten, außerhalb des Kampfes zu agieren – nur eben nicht in diesem Stream und in dieser Umgebung und Situation. Das wurde in diesem Stream nicht klar, was durchaus ein Kritikpunkt ist, andererseits sicherlich im nächsten und abschließenden Stream (oder spätestens in anderen Oneshots) zumindest ein wenig relativiert wird. Möglicherweise wäre es dennoch sinnvoller gewesen, eben nicht gleich mit „Bitter Medicine“ zu starten, sondern es ein wenig langsamer angehen zu lassen.

Insgesamt im Stream beteiligt sind neben den 4 Charakteren 9 Gegner (+2 weitere später im Verlauf) und 8 NSC. An der Ini-Reihenfolge beteiligt waren 6 verschiedene Gruppierungen, nämlich die 4 Charaktere und die Gegner dann in 2 Gruppen zusammengefasst. Der Abstand von einem Zug zum nächsten lag bei maximal 20 Minuten für einen Spieler. Wenn man zudem noch bedenkt, dass es eben immer wieder auch Nachfragen und/oder Erklärungen zu Würfeln gab, weil es nun mal eine Runde mit Systemneulingen war, finde ich das gar nicht mal so lang bei 6 Initiativpositionen und insgesamt 13-15 Beteiligten (mit Bewegung/Aktionen).

Inwiefern die einzelnen Züge genutzt wurden, ist wieder eine andere Frage und hat natürlich auch entsprechende Auswirkungen auf die letztliche Action und auch Spielerzufriedenheit. Der hier dargestellte Gobber hat im Grunde 1,5 Stunden des Spiels damit verbracht, sich zu seinem Workjack zu bewegen. Zwar hat er mit dem Klettern auf das Dach und dem anschließenden Verstecken an der Seitenwand eine coole Aktion gebracht, auch das Auslegen von Schmieröl war eine gute Idee, aber so wirklich „zu tun“ gab es da für ihn nichts. Da bin ich etwas zwiegespalten.

Einerseits ist es schon richtig, dass die Stärken des Gobber-Charakters in dieser Szene im Zug nicht zum Tragen kommen (können). Der Charakter hat eine Abwehr von 14, aber nur eine Panzerung von 9. Einmal getroffen, wird er leicht auch gleich schwer verwundet (er hat insgesamt 13 Vitalitätspunkte). Allerdings zum Vergleich:

  • Sturmklinge: 12 Vitalitätspunkte, dafür immense 17 Abwehr und 14 Panzerung
  • Waldläufer: 12 Vitalitätspunkte, 15 Abwehr, 10 Panzerung
  • Pistolenmagier: 13 Vitalitätspunkte, 12 Abwehr, 10 Panzerung

Schaut man sich das also im Vergleich mal an, sieht es nicht mehr ganz so schwarz aus, wie im Stream teils dargestellt oder wahrgenommen. Der wahre Nachteil des Gobbers ist, dass er im Vergleich zum Pistolenmagier und dem Waldläufer allein auf Nahkampf ausgerichtet ist, ansonsten ist er in etwa gleich leicht oder schwer zu treffen und zu verwunden. Dazu muss ich sagen, dass es bei der Charaktererstellung in dieser Karrierenkombi folgende Optionen gab: Wurfwaffen 1 ODER Handwaffen 1 sowie Handwaffen 1 ODER Pistolen 1. Entschieden hatte ich mich für die Handwaffe in beiden Fällen und somit +2 darauf. Das ist für dieses Abenteuer natürlich nicht so dolle, und da ich das Abenteuer ja bereits kannte und die Charaktere zur Auswahl gestellt hatte, wäre es sinnvoller gewesen, wenn ich das Ganze aufgeteilt hätte, um die Optionen des Charakters zu verbessern. Immerhin kann man allerdings auch ohne Skillwert würfeln in Iron Kingdoms, also sollte dem Gobber mal eine Fernkampfwaffe über den Weg laufen, könnte er diese einsetzen.

Der Jack – hier in einem entfernten Abteil und deaktiviert – sorgt im Kampf eher für das Überleben des Gobbers. Als Waffen stehen im nur Dolch und Jackschlüssel zur Verfügung, also nur Nahkampfwaffen, die zudem begrenzten Schaden verursachen. Zum Vergleich: Der Gobber kann maximal 2W6+7 Schaden verursachen, während die anderen Waffen, die im Stream zum Einsatz kommen (Fernkampfwaffen) durchschnittlich 2W6+10 Schaden verursachen – und eben gleichzeitig den Vorteil der Entfernung vom Gegner haben. Es gibt nichts daran zu rütteln: Die Zugszene ist von den Grundvoraussetzungen her kein Highlight für den Gobber in der reinen Nahkampfform wie hier gegeben.

Auf der anderen Seite habe ich diese Szene ja schon mal mit anderen Spielern (ebenfalls Neulingen) gespielt, bei der auch genau jener Gobber im Einsatz war. Der hatte durchaus auch zunächst versucht, seinen Jack zu erreichen, dann jedoch seine Strategie geändert. Er hatte sich mehr ins Getümmel gestürzt beziehungsweise ist in die Gepäckablage gekrochen und hat sich dort verborgen vorwärts bewegt, um (möglichst hinterhältige) Nahkampfangriffe auf Gegner durchzuführen und sich auf seine Eigenschaft verlassen, bei verfehlten Angriffen auf ihn bis zu 2 Zoll vorrücken zu können, ohne dabei Gelegenheitsangriffe zu kassieren. Außerdem hat er seine Fertigkeit der mekanischen Ingenieurskunst eingesetzt, um Türen nachhaltig zu verbarrikadieren. Grundsätzlich war die Szene auch für diesen Spieler nicht so optimal (weil sie eben keine wirklichen Stärken des Charakters trifft, wie schon erwähnt), aber er war immerhin mehr eingebunden (und hat die Szene übrigens weitgehend überstanden).

Ein weiteres Manko ist der Aufbau des Waldläufer-Charakters. Dieser war erstmals im Spiel, sodass mir sein großes Manko vorher nicht bewusst war. Man sieht das im Stream auch ganz gut an der wiederkehrenden Armbrust-Diskussion (Auflösung auch noch mal in der Infobox des Streams), bei der klar wird, dass ich davon ausgegangen war, dass lediglich eine Schnelle Aktion nötig ist, um einen Bolzen nachzulegen. Dadurch, dass tatsächlich eine Volle Aktion genutzt werden muss (wie ich ursprünglich auch auf dem Charakterbogen vermerkte, dann aber beim Lesen einer Stelle des GRW dachte, es sei doch anders), ist ein Charakter mit einer Armbrust meiner Ansicht nach deutlich gehandicappt im Vergleich zu anderen Waffen, auch wenn man bedenkt, dass sie 2W6+12 Schaden verursacht. Grundsätzlich wähnte ich sowas in der Richtung, weshalb ich dem Charakter ausgleichend zum Beispiel einige Explosivbolzen mit auf den Weg gab (die 2W6+10 Schaden verursachen, dafür aber in einem WIRK-Radius von 3 Zoll auch weitere Gegner betreffen können), dennoch ist nur jede zweite Runde zu handeln gerade bei einem Kampf mit mehreren/vielen Beteiligten wie hier einfach nur langweilig. Für den Stream selbst war das jetzt eigentlich nicht so relevant, weil ich ohnehin festgelegt hatte, dass eine Schnelle Aktion ausreicht zum Nachladen (ich die Armbrust also schon behandelt habe wie eine Repetierarmbrust), aber die Diskussionen darum waren schon recht müßig – und für den Spieler ja auch recht verwirrend.

Insgesamt war auch zu bemerken, dass man bei Iron Kingdoms zunächst ein bisschen viel auf einmal hat. Das Grundprinzip ist ja denkbar simpel und zieht sich mitsamt Modifikatoren logisch durch das gesamte System, was einer der Gründe ist, warum mich das System so begeistert, auch wenn es eben wirklich etliche Modifikatoren usw. gibt.  Der Witz liegt in Kampfsituationen wirklich darin, möglichst gut seine Bewegung und Aktionen aufzuteilen und dabei seine Vorteile/Eigenschaften im Blick zu haben. Beim Gobber wäre das hier das bereits erwähnte „Weghechten“, der Waldläufer profitiert von zusätzlichem Bonus, wenn er aus (halber oder ganzer) Deckung aus agiert und kann Boni auf Angriffe und Schaden verleihen, wenn er in Befehlsreichweite seinen Kollegen entsprechend Anweisungen gibt. Die Sturmklinge kann in Befehlsreichweite (hier ganze 8 Zoll) eine verbesserte Stärke (und damit verbesserte Angriffe) sowie verbesserte Panzerung bekommen durch seine Eigenschaft „Rechtschaffener Zorn“, wenn Verbündete verletzt werden, und der Pistolenmagier hat seine Angriffe ja bereits durch seine magischen Tricks ganz gut verstärkt. Insgesamt wäre da also noch einiges mehr möglich gewesen, aber das muss man erst mal wissen beziehungsweise lernen, zumal man – gerade zu Anfang – nicht unbedingt weiß, was die jeweils anderen Charaktere nun ihrerseits so besonderes können. Ist auf einen Schlag erst mal eine Menge, das man im Auge behalten sollte (und auch zuviel für mich, da zusätzlich noch von 4 Charakteren die Optionen im Kopf zu haben, von denen es im Grundregelwerk insgesamt übrigens knappe 150 gibt).

Insgesamt fand ich das alles aber eigentlich ganz interessant, auch wenn die Technik diesmal ziemlich genervt hat. Zwei Male bin ich komplett rausgeflogen für jeweils 2-3 Minuten (nach etwas mehr als 1,5 Stunden Spielzeit), nach dem zweiten Mal habe ich nicht mehr daran, Roll20 zu fixieren, sodass man die Aktionen der letzten 10 Minuten nicht mehr so gut nachvollziehen kann, schade.

Die technischen Probleme hatte ich auch ganz zu Anfang ein bisschen, weshalb von angesetzten 30 Minuten Vorabbesprechung nur knappe 20 Minuten auch wirklich effektiv stattfanden, von denen weitere gute 10 Minuten etwa dafür drauf gingen, Links zu versenden, Overlays einzubasteln, Störungen (Bild/Mikro) auszumerzen und derlei mehr. Zwar ging der Stream dann auch eine Viertelstunde verspätet an den Start, aber so wirklich ausgeglichen hat es das nicht. Bedauerlich finde ich hierbei ja immer wieder, dass ich (grundsätzlich) 30min. vorab im Stream bin, um all solche Dinge, Fragen usw. zu klären, aber eigentlich nie auch wirklich alle dann wie verabredet erscheinen, sondern teils erst 5min. vor dem geplanten Start.

Ebenfalls ein bisschen verpennt habe ich übrigens die Ausgabe der Talentpunkte. Diese einzusetzen, dann aber auch wiederzubekommen, ist natürlich auch ein nicht unwesentlicher Aspekt des Spiels. Na, vielleicht klappt das ja beim nächsten Mal schon wieder besser.

Jetzt noch zum Feedback der Spieler im Nachhinein OffAir, weil ich das auch ganz spannend fand:

Zwei Spieler fanden das sehr crunchy und im Grunde auch zu crunchy. Einer bezeichnete das Spiel dadurch – zumindest in diesem Stream – sogar als eintönig.

Die anderen beiden Spieler fanden das System ebenfalls sehr crunchy, gaben allerdings an, damit auch gerechnet bzw. das sogar erwartet zu haben. Sie sagten im Nachhinein, ihnen habe das Ganze gut gefallen.

Welche Spieler welches Feedback gegeben haben, könnt ihr ja selbst mal raten. 😀

Das entspricht tatsächlich aber so ziemlich genau dem Feedback, wie ich es sonst auch kenne, was mich zum (bisherigen) Schluss bringt: Iron Kingdoms mag man entweder grundsätzlich oder man mag es grundsätzlich nicht. Ich denke nicht, dass andere Spielinhalte, Kämpfe mit weniger Beteiligten, mehr Wildnis etc. an den Grundaussagen was ändern. Mag man es crunchig, kann man das System mögen (dann natürlich abhängig von allen möglichen anderen Aspekten), mag man es nicht so crunchy, ist Iron Kingdoms so oder so nicht gerade das System der Wahl.

Fazit:

So, es hat mich jetzt ziemlich genau fünf Stunden gekostet, den 2,5-stündigen Stream erneut anzuschauen, mit Anmerkungen zu versehen und einen Artikel dazu zu verfassen. Ich werde sicherlich nach der Session am Samstag und den noch folgenden Oneshots auch was dazu bloggen, auf Anmerkungen im Stream selbst werde ich dann allerdings verzichten, denn so klasse ich diese Option finde (auch in anderen Streams, wenn sie auch kaum mal genutzt werden), so ist das ein Aufwand, der so gar nicht im Verhältnis zu irgendwas steht.

Ich würde mich allerdings wirklich freuen, wenn es zu dieser Runde Kommentare geben würde, egal wo, ob nun unter dem Stream selbst, hier oder sonstwo (wo ich es finde ;-)). Mich interessiert, welchen Eindruck Iron Kingdoms auf euch macht (gerade auch aus unterschiedlichen Perspektiven: Spielt ihr es selbst, spielt ihr das Tabletop, spielt ihr gern crunchy – oder eben nicht), welchen Eindruck der Stream auf euch macht, wie ihr den Artikel hier findet, eure Meinung zu den Kritikpunkten, aber natürlich auch, was euch vielleicht ganz gut gefallen hat.