Clawdeen liest: Fragged Empire, Teil 1: Einleitung

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Starten wir also! Und zwar logischerweise mit dem ersten Kapitel: „Introduction„. Dieses Kapitel ist in drei Unterkapitel unterteilt, und in diesem Artikel soll es um die allgemeine Einleitung gehen.

Die Artikel baue ich so auf, dass es zu Anfang immer Plus/Minus für die besten/schlechtesten Punkt des besprochenen (Unter)kapitels gibt. Abschließend folgt dann bei den Kapiteln nach „Introduction“ am Ende noch als „The Good & The Bad“ dasselbe in Textform, sowas wie ein Zwischenfazit also.

+ Die Kurzgeschichten erfüllen ihre Funktion ausgesprochen gut an dieser Stelle

+ Tolle und prägnante Speziesübersicht

+ Spezies sind in ihrer Rollenverteilung sehr klassisch, aber dennoch erfrischend

+ Sehr guter allgemeiner Überblick über angedachte Stimmung und Themen

+ Klare Angabe von zentralen Themen und Kernelementen

+ Varianten des Standardgames (von easy bis wirklich dreckig) werden gleich mitgeliefert

+ Zugehöriger Youtubechannel mit Erklärvideos

Etwas schwache Argumentation bei den Kernelementen

Warum sind hier Maps?

Begrifflichkeiten

Wer jetzt den üblichen Einstieg erwartet, der Neueinsteigern Fragen beantwortet wie die, was ein Rollenspiel ist, wie man sich das vorzustellen hat und so weiter, der irrt schon mal. Das spart sich Fragged Empire nämlich (zumindest an dieser Stelle). Stattdessen wird auf einer einzelnen Seite erläutert, wie man auf den Namen des Spiels gekommen ist beziehungsweise was er bedeuten soll, und welche Themen man mit dem Spiel abbilden können soll, wie man sich also den Fokus des Ganzen so vorstellt.

Der Spieltitel bedient sich dreier Definitionen: Das Töten eines Anführers durch die eigenen Leute (fragging), die Aufsplittung eines großen Ganzen in kleine Teile (fragmentation) und dessen Auswirkungen, hier vornehmlich gesellschaftlich zu sehen, und schließlich der im Computerspielsektor gebräuchliche Begriff für das Töten in Spielen (frag). Begründung für letzteres ist übrigens: „Because this is a game where you kill people„. An der Stelle bin ich dann auch kurz abgeschreckt, denn ich suche kein SciFi-Spiel, in dem dieses Element zentral ist. Durch das Scrollen habe ich allerdings schon einen vagen Eindruck vom Aufbau des Spiels, und meine Assoziationen wäre eher die, dass sich Fragged Empire nicht unerheblich an Mechaniken aus Computerspielen orientiert. Gefällt mir so als Definition auch deutlich besser. Der Macher sieht es wohl anders, hat es zumindest anders geschrieben. Sei es drum.

Und was sind nun die Themen?

Post-Post-Apocalypse nennt sich das grobe Gerüst. Die Grundannahme ist die, dass nach dem großen Crash von … naja, irgendwie allem, die lebenden Spezies bereits wieder Zeit hatten, auf die Füße zu kommen. Tatsächlich sind sie schon wieder so weit, ins All zu kommen und selbiges zu bereisen und (neu) zu besiedeln. Dennoch steckt alles noch in den Kinderschuhen beziehungsweise auf den Trümmern einstiger Größe(n).

Cultural Tension ist ein weiterer Aspekt. Vier Völker (auf die komme ich später in der Blogreihe natürlich auch noch) sind im Grundregelwerk relevant und spielbar. Sie kennen einander, sie haben miteinander verwobene Historien, aber sie sind einander zugleich unbekannt. Alte Fehden, Strukturen und Kämpfe schwingen stets mit, wenn es eigentlich um das Kennenlernen und vielleicht sogar das Verstehen der anderen geht. Und doch braucht man einander, wohin auch immer das führen mag.

Genetic Engineering ist schon allein deshalb einer der Hauptbestandteile des Spiels, weil es die Menschheit an sich nicht mehr gibt. Die in Fragged Empire existenten Völker sind Nachfahren, geschaffene Kreaturen, teils verzweigt entstanden. Und nicht nur die spielbaren Völker entspringen den Fortschritten von Genetik und Technologie …

Exploration. Ja, klar, neue Welten entdecken. Aber auch alte Welten (wieder)entdecken. Geschichte entdecken. Vergangenheit (vielleicht) verstehen, vielleicht nutzbar machen können.

Von A nach B: Karten

Mit den beiden nachfolgenden System- und Sektormaps kann ich zu dem Zeitpunkt wenig anfangen, da ich noch keine Vorstellung von irgendwas abseits der Einleitung habe. Vielleicht wären sie darum besser anderswo im Buch aufgehoben gewesen. Andererseits weiß ich so direkt, wo ich sie finden werde, wenn ich sie brauche.

Storytime!

Zum Einstieg gibt es gleich schon zwei Kurzgeschichten, und zu deren Lektüre muss ich mich tatsächlich ein bisschen zwingen, denn wie bereits geschrieben lese ich diese Dinger ganz zuletzt oder gar nicht üblicherweise. Aber chronologisch zu lesen heißt für mich nun mal, die auch gleich mitzunehmen – und ich bin ausgesprochen positiv überrascht!

Die erste Geschichte beinhaltet grob gesagt die Vorstellung einer Kaldoran, die auf die Brücke gerufen wird und beim Weg dorthin den anderen Mitgliedern der Crew über den Weg läuft und sich kurz mit ihnen austauscht, nämlich einem Legion und einer Nephilim, bis sie schließlich bei ihrem Chef, einem Corp, eintrifft. Auf wenig Platz werden dabei ganz unterhaltsam ein paar der Besonderheiten der einzelnen Spezies dargestellt. Aber eine kleine (halbwegs offene) Story drumrum gibt es natürlich auch.

In der anderen Geschichte unterhalten sich ein ein Corp und ein Nephilim, langjährige Freunde, über Geschichte, also über den Großen Krieg und die Dinge, die davor und danach so geschehen sind. Dieses Gespräch gibt einen guten ersten Einblick in das Setting, und auch hier lassen sich Eigenheiten der Spezies erkennen, auch wenn diese für mich nicht so prägnant sind wie in der ersten Geschichte.

Spielbare Spezies

Jede der vier Spezies erhält eine vollfarbige und ganzseitige Illustration, was ich schon mal äußerst schick finde. Zudem finden sich auf jeweils einer Seite die Basisinformationen zu der jeweiligen Spezies.

Hier erfährt man etwas über die wertetechnischen Besonderheiten der Spezies, bekommt mittels einiger Spiegelstrichen aber noch mal erläutert, was die Spezies im Spiel besonders ausmacht, ein paar physische Eckdaten, Informationen zur Heimatwelt der Spezies und zu ihrer Kultur, typische Namensbeispiele, und schließlich einen Absatz, in dem exemplarisch jemand der Spezies kurz umrissen wird.

Gerade wenn man die Spezies kurz und knapp zusammenfassen oder nachschlagen will, ist die Aufmachung bestens. Eignet sich auch super, um Einsteigern ins System jederzeit kurz und prägnant Entscheidungshilfe bei der Speziesauswahl zu geben. Die Informationen zur Heimatwelt sind zwar ganz interessant, mit ihnen kann man an der Stelle allerdings nicht allzu viel anfangen, denn ausführlich beschrieben werden diese Welten erst im sehr sehr viel später beginnenden Settingteil des Buches.

Und welche Spezies gibt es nun?

Zunächst haben wir da die Corp(oration), die einst von den Archons erschaffen wurden, von ihnen aber nicht als würdig genug befunden wurden. Durch den Großen Krieg sahen die Corps ihre Chance, ihre eigene Identität zu schaffen. Daraus geworden ist eine absolut kapitalistische Gesellschaft. Corps sind die Socializer, stets auf Gewinn und Besitz fokussiert.

Die vierohrigen Kaltorans sind ein Volk, dem die Familie und Freunde über alles gehen. Einst unter die Oberfläche ihrer Welt gezwungen, sind sie meist recht körperlich geschickt und haben wenige Probleme mit engen Umgebungen. Meist sind sie spontan und sozusagen gut gelaunt, oft begabte Bastler und eine Art Space Rogue. Ihr Laster: Jeder Kaltoran trägt die Erinnerungen seiner Vorfahren mit sich, und das kann durchaus unangenehm sein.

Die Legion wurde ebenfalls von den Archons geschaffen, um sie im Großen Krieg zu verteidigen. Die massigen Krieger mit echsenartiger Haut haben nun allerdings das Problem, dass der Krieg vorbei ist und sie sich neu und vor allem selbst definieren müssen. Sie verkörpern den Archetyp des Kriegers; Ehre, Respekt und Können bedeutet ihnen sehr viel.

Zuletzt haben wir da noch die Nephilim, die quasi von der anderen Seite des Krieges gezüchtet wurden, nämlich von den X’ion. Von ihnen gibt es drei Subspezies, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten entwickelt wurden: imposante Purebloods, die ältesten, im Gegensatz dazu die jüngste Kreation der Emissaries, die am menschlichsten aussehen, und zuletzt die Hybriden, die … wie der Name schon sagt. 😉 Nephilim sind einerseits von ihrem Instinkt getrieben und haben oftmals tierische Züge, sei es von Säugetieren, Fischen oder Insekten, aber sie sind auch von ihrem Intellekt getrieben und großartige Wissenschaftler mit umfassenden Biotech-Kenntnissen.

Übersicht … von irgendwie allem

Der dritte und letzte Teil der Einleitung von Fragged Empire widmet sich einer Übersicht über die Regeln. Das Ganze umfasst lediglich zwei Seiten, ist aber gleich in mehrererlei Hinsicht äußerst interessant.

Zunächst wird gelistet, was man zum Spielen von Fragged Empire braucht. Neben mindestens drei W6 und den üblichen Verdächtigen (Papier, Stift, Charakterbögen bla) wird hier tatsächlich folgendes genannt: laminierte Square-Grid Battlemap, Whiteboardmarker und Miniaturen für Charaktere und Raumschiffe! Ja, Fragged Empire ist definitiv dazu gemacht, es mit Battlemaps zu spielen und Miniaturen einzusetzen. Daran kann nach diesem Absatz wohl kein Zweifel und auch kein Diskussionsbedarf mehr bestehen. 🙂

Es folgen dann doch noch ein paar Absätze in der Richtung „Was ist Rollenspiel?„. Allerdings in nur jeweils einem Absatz und nicht klassisch. Rollenspieler werden auf die Kapitel Traits und Acquisition verwiesen, wenn sie vor allem wissen wollen, was Fragged Empire von anderen Spielen unterscheidet, außerdem gebe ihnen der Charakterbogen natürlich noch einmal ein Gefühl für das Spiel. Im Absatz für Neueinsteiger ins Hobby wird Fragged Empire beziehungsweise ein Rollenspiel mit einem Computerspiel verglichen und kurz auf die Unterschiede eingegangen.

Wir lernen hier also:

  • Ein Spiel, das auf die Verwendung von Miniaturen und Grids ausgelegt ist
  • Der Erfinder sieht die Traits (weit über 100!) sowie das abstrakte Ressourcenmanagement (Acquisition) als besonders (wichtig) im Spiel an
  • Ein Spiel, das sich an Computerspielen orientiert (zumal dieser Bezug jetzt schon zum zweiten Mal im Buch auftaucht)

Kernelemente

Eine Seitenspalte widmet sich den Kernelementen des Spiels aus Sicht des Entwicklers.

Anpassbare Regeln. Sie seien zwar für die Verwendung in Fragged Empire gedacht, aber mit ein paar Hausregeln leicht an alle möglichen anderen SciFi-Setting anzupassen.

Naja. Mit „ein paar Hausregeln“ kann ich auch DSA in Space spielen, wenn ich will … für mich ein recht schwaches Argument.

Simple Abwicklung mit 3W6.

Auch ein bisschen fadenscheinig, denn wir wissen schließlich, wie das ausufern kann, wenn man so einen simplen Wurf mit gefühlt drei Millionen Modifikatoren verrechnet.

Nichtlineare Charakterentwicklung. Keine vorgegebenen Wege, kein Einheitsbrei. Absolute Spezialisierung oder Jack-of-all-Trades (mit langsamer Progression, versteht sich), geht alles.

Sowas mag ich ja. Aber ich mag ja auch Skillpunkte in Lebensmittelverarbeitung und Schneiderei und sowas. Spannend dabei ist, dass es Charaktere ziemlich unberechenbar macht. Verdammt schwierig dabei ist, dass es Charaktere ziemlich unberechenbar macht. Kein Copy&Paste-Fehler.

Am besten geeignet für langandauernde Sandbox-Spiele/Kampagnen.

Joa, hab ich an sich kein Problem mit. Die Frage ist, wie spielbar das Ganze in Oneshots tatsächlich ist beziehungsweise vor allem, wie viel Bock es dann noch macht. Fragged Empire hat wohl einen recht großen Anteil Ressourcenmanagement (dazu kommen wir ja dann später noch in der Artikelreihe), und sowas kommt in Oneshots natürlich nun nicht so zum Tragen, sondern verlangsamt das Spiel höchstens oder macht es zu einer recht öden Nummer. Kann so sein, muss nicht so sein. Muss man mal ausprobieren. Ausprobieren: yeah!

Taktischer Miniaturenkampf. 

Der schon öfters im Netz erwähnte (und kritisierte) Punkt des taktischen Elements. Durch drölfzig Modifikatoren und zu beachtende Dinge soll das System Kämpfe sehr lang ziehen und einfach sehr, sehr crunchy sein. Zwar gibt es alternative Kampfregeln, aber die sollen wiederum recht lame sein.

Ehrlich gesagt lasse ich mich davon ja erst mal so gar nicht abschrecken. Wenn dieser Bereich nämlich intuitiv genug verregelt ist (und das Buch sagt an dieser Stelle, genau das sei der Fall), dann hat man Kämpfe schneller auf dem Schirm als die Ergebnisse einer 3W20-Probe auszulesen. Iron Kingdoms ist so, und ja, ich finde das durchaus intuitiv. Deswegen muss man sich natürlich trotzdem zumindest mal 1-2 Sessions einspielen, was nachschlagen, vergisst was oder so, aber das passiert auch in nicht taktisch orientierten Systemen. Gegenbeispiel wäre für mich Pathfinder. Das nennt sich ja hier und da auch gerne mal taktisch, ich würde es eher als Krampf bezeichnen. Also lasse ich das erst mal ganz wertungsfrei auf mich zukommen …

Spieltypen?

Auf der zweiten Seite werden vier Spieltypen vorgestellt, nämlich Standard, Casual (mit erleichtertem Kampf, „the galaxy is not quite so dangerous„), Story Focus (mit den „Light“-Kampfregeln) und Survival.

Abseits der verwendeten Regeltypen beziehen sich die Unterschiede auf Anpassungen des Levels, Ressorcen, Einfluss und Spare Time Points, wobei die Survival-Variante nur sozusagen Fortgeschrittenen empfohlen wird.

Ich finde es ganz nett, solche quasi offiziellen Anpassungsmöglichkeiten mit auf den Weg zu bekommen. Brauchen werde ich die allerdings erst mal nicht, denn Standard ist erst mal … naja, Standard halt, um es auszuprobieren.

Hallo, Gegenwart!

Besonders cool finde ich, dass den Lesern empfohlen wird, das Buch mit den Charakterblättern nebendran einfach mal zu lesen uuuund einen Blick auf die Youtube-Videos von Fragged Empire zu werfen, denn da gibt es einen eigenen Kanal. Ist das erste Mal, dass ich sowas in einem Regelwerk lese. Sollte es viel öfter geben!

30 von 385 Seiten sind nun gelesen, und damit ist der Einleitungsteil auch beendet. Im nächsten Artikel geht es mit der Charaktererschaffung weiter!

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