Episch traurig

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Es gibt da diese Runde, von der ich im Blog noch nie berichtet habe. Und durch eine Session genau mit dieser Runde fühle ich mich seit gestern quasi episch traurig. Das war die emotionalste Gruppensession, die ich bislang erlebt habe – und das, obwohl gar nicht so viel passiert ist … irgendwie.
Vorwarnung: Emo-Artikel! 😉

Woa, ey, Scion …

Irgendwann haben wir angefangen, „Scion“ zu spielen. Und wenn man mal ehrlich ist, dann rockt so ein Götternachkommen-Halbgötter-Götter-Setting schon ziemlich, oder? Dummerweise rockt das System dazu so gar nicht. Genau genommen ist es der mieseste Schrott, der mir aus dem Hause White Wolf je untergekommen ist. Wer nach zehn Sessions (man braucht eigentlich nur 1-2, um die ganzen Mängel zu bemerken, aber sagen wir trotzdem zehn, um niemanden auszuschließen) der Meinung ist, „system matters“ sei Blödsinn, den beneide ich um seinen Langmut (weil ich ein grundsätzlich erst mal positiv denkender Mensch bin). Und ich bin bei weitem alles andere als eine Schnellmerkerin bei Spielregeln und zudem noch überzeugte Barbiespielerin.

Bei „Scion“ basiert aber irgendwie so ziemlich alles auf „style over substance“. Das könnte ja sogar cool sein und passt zum Setting, verkommt aber mehr zu einem „style without substance“. Schon bei der Wahl der göttlichen Mama oder des göttlichen Papas kann man da ganz sprichwörtlich in den Arsch gekniffen werden, weil Gott A nämlich Boni auf quasi alle Attribute und Skills gibt, Gott B nur auf physische, Gott C nur auf soziale und Gott D auf völlig sinnlose Kombinationen aus verschiedenen Schwerpunkten. Da man diese von Mama/Papa bevorzugten Dinge aber im Spielverlauf immems vergünstigt erwerben/steigern kann, kann schon da verdammt viel falsch laufen hinsichtlich des Balancings. Und dann diese „epischen Attribute“. NICHTS geht in diesem Spiel sinnvoll ohne sie. Wer sie powert, verändert das gesamte Gefüge im Spiel. Und wer das verpasst, der segnet ganz fix sogar das Zeitliche. Vom Tick-Kampfsystem fange ich gar nicht erst an …

Ich glaube, eins wird hier klar: Ich bin wirklich keine Freundin des „Scion“-Systems. Wir haben überwiegend by the book gespielt und uns dann mit 2 Mods versucht (einmal Einführung automatischer Erfolge, dann die Angleichung in Richtung nWoD), aber das half auch nicht wirklich. Die automatischen Erfolge bringen es nicht wirklich (vor allem verkompliziert es – zumindest für mich – die Denkabfolge total), die Angleichung an die nWoD ist/wäre enormer Aufwand, gleicht nicht die Schwächen bei den Götterboni aus und nimmt mit dem Battle Wheel durchaus auch ein irgendwie zu „Scion“ gehörendes Element raus, was uns auch wieder nicht gefiel, sodass wir das gar nicht erst ernsthaft zu Ende verfolgt haben.

Startschwierigkeiten

Das Desaster begann eigentlich schon mit der zweiten Session. Nach der Charaktererschaffung im Mai beschlossen wir als Gruppe, das Präludium als Gruppe zusammen zu spielen. Wir nahmen also zunächst die Geburtsrechte (vgl. Disziplinen, Zauber) raus und spielten normale Schüler, die dann plötzlich einer Menge Mist gegenüber standen, als die Mitschüler und Lehrer nach und nach lethargisch bis automatisiert agierten und wir – ich fasse es mal kurz – schließlich der Loreley gegenüber standen, die mit einigen Draugr und so einer Art Nixenzombies gegen uns vorging. Abschluss des Ganzen: zwei von fünf Charakteren platt, der Rest knapp geflohen. „Scion“ ist kein Spiel, bei dem man ohne massive Eingriffe in die NSC-Werte mal eben so ein Präludium spielen kann. Nicht ohne Geburtsrechte und so. No way. Die spätere Betrachtung ergab, dass die in den Büchern stehenden NSC in enormen Sprüngen angegeben sind. Die „Normalos“, die einfach nicht mal in größerer Menge als Minions taugen, sobald man mit besagten „Scion“-spezifischen Dingen spielt, und dann kommen gleich Viecher, die auf „kann man schaffen“ ausgelegt sind. Und diese Sprünge wiederholen sich in den einzelnen Teilen des Spiels, also vom „Hero“ zum „Demigod“ zum „God“.

Naja, also gleich nach der zweiten Session einen neuen Charakter entworfen, mit dem ich nicht sooo glücklich war. Ich mochte die Charakteridee usw. zwar schon, aber der erste Charakter war sozusagen an mein „Lieblingspantheon“ gekoppelt gewesen, das ich jetzt nicht als Aufguss nutzen wollte. Jeder von uns spielt in der Runde einen Nachkommen eines anderen Pantheons, und von den Persern, bei denen ich schließlich bei meiner Auswahl landete, habe ich mythologisch ehrlich gesagt keine Ahnung. Die klassischen Mythen und Sagen sind schon eh nicht so meins, aber bei den Persern bin ich dann ganz raus. Macht das Reindenken in so einen Charakter nicht unbedingt leichter.

Die Vorfreude auf die einzelnen Sessions hielten sich demnach bei mir in Grenzen. Aber die Truppe mag ich, outplay sowieso, inplay mag ich den Mix, den wir da haben. Die weiteren 3-4 Sessions, die noch zum Präludium gehörten und uns schließlich nach Atlantis führten, wo sich die Wege unserer Charaktere zwecks Ausbildung trennten, waren wirklich nett.

Back to the roots!

Wir setzten einen Inplay-Break von insgesamt 7 Jahren, bis die Charaktere sich wieder begegneten. Weil ich noch immer nicht so wirklich die Kurve mit dem Charakter bekommen hatte aus meiner Sicht, fing ich schließlich wieder mit dem an, was ich zuvor eigentlich immer getan hatte: Charaktertagebuch schreiben. Und das funktionierte! Durch das Reflektieren von Story, Motivationen und Beziehungen bekam ich endlich ein besseres Bild von dem Charakter, den ich da spielte und spielen wollte. Nach und nach kristallisierten sich auf dem virtuellen Papier Gedankengänge heraus, Wünsche, Sehnsüchte und Gefühle/Eigenschaften. Es entstand ein Charakter, der eine Persönlichkeit erhielt, endlich Farbe bekam.

Wie das oft so ist beim Schreiben, verselbstständigten sich ein paar Sachen im Verlauf. Was in der Session passierte, intensivierte das, was ich schrieb, und was ich schrieb, intensivierte das Spiel für mich. Daraus wurde eine ziemlich taffe und in aggressiven Situationen ziemlich draufgängerische junge Dame, für die ein paar Dinge ganz weit oben standen: Pflichtgefühl und Tapferkeit – und damit verbunden der Wunsch, anderen zu helfen. Und daraus wurde zugleich eine junge Dame, die innerlich gar nicht so taff war, wie sie sich selbst das so vorstellte, und die sich dann auch noch zunehmend in einen anderen Nachkommen verliebte – der wiederum ausgerechnet ein Nachkomme der Aphrodite ist und mit Gott (ähm, naja …) und der Welt flirtet, aber nie jemanden wirklich an sich heran lässt.

In der vorletzten Session sind dann schlimme Dinge passiert.

 

Schlimme Dinge

Inplay erlag besagter Nachkomme der Herzen vor den Augen meines Charakters tödlichen Verwundungen. Mein Charakter reagierte natürlich blitzschnell und rettete ihm das Leben, was in der gegebenen Situation nicht ging, ohne sich verdammt nahe zu kommen. Bevor mit jemandem das Kopfkino durchgeht: Ich spiele die Tochter einer Wassergöttin, und die Angreifer in der Szene kamen nicht in das Wasser, sodass die Rettung darin bestand, den Sterbenden zuerst ins und dann unter Wasser zu ziehen, wo er von meinem Charakter beatmet wurde, bis es schließlich nach dem Kampf, den die anderen Charaktere bestritten, außerhalb des Wassers zum Einsatz der „eigentlichen“ Heilung kam.

Daraus resultierten verschiedene Sachen:

1. Mein Charakter ist völlig von der Rolle, weil es auf einmal zu so einer „intimen“ Situation kam, die so gar nicht dem entsprach, was da so in den Vorstellungen vorkam.

2. Der Gerettete ist völlig von der Rolle, weil er als Anführer unserer Schar aus den Schuhen gekippt ist und glaubt, seiner Verantwortung damit nicht gerecht worden zu sein,

3. Der Rest der Schar ist völlig aus dem Häuschen und kriegt sich gar nicht mehr ein, ständig irgendwelche Witze zu reißen auf Kosten der „Mund-zu-Mund-Beatmung“, die mein Charakter doch sicher „totaaaal gerne mal eben übernommen hat“.

Und daraus wiederum resultiert, dass der gerettete Charakter sich etwas depressiv in sich zurückzieht, mein Charakter ihm nicht mehr in die Augen gucken kann und kreuzunglücklich ist – und der Rest einfach Spaß hat. 😀

Und mit genau diesen Gefühls- und Situationslagen beendeten wir die vorletzte Session – achso, und mit einem auf uns zustürzenden Riesenelefanten.

Und outplay verkündete der Spielleiter nach der Session, dass wir die Geschichte wohl beim nächsten Mal beenden würden und dann jemand anderes leiten würde, nämlich ich.

Alle waren völlig verdattert, vor allem ich, die davon zum ersten Mal hörte. Dachte ich zumindest, denn alle anderen schworen Stein und Bein, dass wir das schon bei der Session davor mal angerissen hatten, dass ich als nächste leiten würde. Ich kann mich daran echt nicht erinnern. Da dem Spielleiter jetzt aber erst mal die Lust zu leiten abhanden gekommen ist bzw. er gerne auch mal spielen möchte, sieht es nun so aus.

Das Hibbeln vor der letzten Session

Ich war noch nie so hibbelig vor einer Session wie vor der letzten. Wie würde der Kampf enden? Würden wir den alle heil überstehen oder würde es (wie anfangs) Tote geben? Würde ich einen Abschluss für meinen Charakter hinkriegen, mit dem ich ihn guten Gewissens für eine längere Zeit aus dem Spiel nehmen kann? Würde sich die Gefühlslage meines Charakters stabilisieren? Und würde der gerettete Charakter wieder die Kurve kriegen?

Ein letztes Mal in dieser Geschichte. Ein für längere Zeit letztes Mal mit diesem Charakter. Und, was mir auch ganz arg im Magen lag: ein letztes Mal mit einem unserer Mitspieler.

Mit ihm spiele ich jetzt seit gut 2,5 Jahren, und auch abseits des Spiels haben wir Kontakt. Nicht sonderlich viel, da wir auch beide immer eher mehr als weniger eingespannt sind in diverse Dinge, aber dafür haben wir schon verflixt intensive Phasen hinter uns, hui! Er hat zwei für mich schlimme Ereignisse/Phasen miterlebt und war für mich da, hat sich Zeit genommen, war mir eine große Hilfe in der Zeit. Und jetzt zieht er weg, ans andere Ende Deutschlands. Also stand zugleich unsere letzte gemeinsame Session (am Tisch) an. Voll traurig. 🙁

Die letzte Session

In den ersten 1,5 Stunden ungefähr war ich nicht allzu begeistert von der Session. Sie startete wie erwartet mit einem Kampf, und auch, wenn ich generell Kämpfe mag und diese Action gerade bei „Scion“ dazu gehört, finde ich sie gerade bei „Scion“ doch auch unheimlich anstrengend. Dieses seltsame Hin- und Hergewürfel, an das ich mich einfach nicht gewöhnen und das ich mir einfach nicht merken kann (trotz Merkzetteln …), dann das Ticksystem und die allgemeine Unruhe, die bei Kämpfen eben meist so am Tisch herrscht … puh! Und da all meine Vorabgedanken mit allem möglichen verknüpft waren, aber nicht mit einem Megaelefanten, hat mich das alles auch ziemlich kalt gelassen. 😉

Ich war schon einigermaßen im „Schade“-Modus, als der Kampf schließlich doch noch endete, das Chaos drumrum sich legte, ein bisschen mehr Ruhe einkehrte und das Battle Wheel vom Tisch verschwand.

Der Kampf war aber so oder so gut bzw. sinnvoll. Er hat auf jeden Fall erreicht, dass die zuletzt noch ziemlich depressiven Charaktere wieder aus ihrem Schneckenhaus und sinnvoll agieren konnten. Wichtig!

Trotzdem gefielen mir die nachfolgenden Szenen rund um den Abschluss der Story besser, auch wenn sie meinen Charakter wieder ordentlich in Richtung Introspektion schoben. Das war aber auch ganz gut und passend so.

Und dann kamen die – für mich zumindest – schönsten Szenen des gesamten Abends.

Am Ende stand für jeden Charakter ein Besuch des göttlichen Elternteils an, in dessen Rahmen die „Beförderung“ zum Halbgott anstand.

Doch zuerst musste ein Charakter sich nach der (zurückliegenden) Komplettzerstörung seiner Wohnung bei einem der anderen einquartieren – und wählte ausgerechnet den Nachkommen Aphrodites, der von dieser Gesellschaft mäßig begeistert war, aber zustimmte, den anderen erst mal bei sich aufzunehmen. Da prallten dann allerdings zwei Charaktere aufeinander, die in gewisser Konkurrenz zueinander stehen und sich nicht so ganz grün sind. Das allein war schon witzig zu beobachten.

Als dann am selben späten (Sonntag) Abend ein Päckchen für den untergebrachten Charakter geliefert wurde, fand der Aphrodite-Nachkomme den „spontanen Nachsendeantrag“ nicht so witzig. Dass kurz darauf Odin als Vater des anderen auf der Couch saß, fand er noch weniger witzig. Und als er schließlich endlich irgendwann ins Bett gehen wollte und Mama Aphrodite dort im Negligé in seinem Bett auf ihn wartete, eskalierte die Situation. 😀

Die Szene wurde länger gespielt als wohl eigentlich beabsichtigt, weil sie einfach so genial war. Dieser Schlagabtausch zwischen Mutter und Sohn war – gerade im Hinblick auf das vorher Geschehene – nicht nur witzig, sondern er ließ auch ungewöhnlich tief in den Charakter des Aphrodite-Nachkommens blicken. Mehr, als bisher je am Tisch live zu sehen gewesen war. Das war einfach sooo super gespielt!

Das daraus resultierende Problem war, dass es schon ziemlich spät war und eigentlich nur noch eine halbe Stunde Spielzeit übrig war. In diese Zeit sollte noch die Beförderung von vier weiteren Charakteren passen, darunter die des Charakters des aktuellen SL, der damit ins Spiel käme, die meines Charakters, der sich damit aus dem Spiel auch verabschieden würde, und die des Charakters, dessen Spieler das letzte Mal mit uns zusammen am Tisch saß. Puh.

Zunächst wurde der eben nicht genannte Charakter befördert und lieferte sich mit seiner Halbschwester einen von Baron Samedi gerichteten Wettstreit, in dem erst nur um die Wette gesoffen wurden, dann aber frisch Wiederbelebte, teils brennend, gegeneinander ins Feld geführt wurden, Holla!

Der Charakter des umziehenden Spielers bekam zunächst nur eine recht kurze Szene, in der er entführt wurde und schließlich ein One-Way-Ticket in die Heimat bekam.

Den Charakter des SL brachte ich mit einer kurzen Vergiftungsszene in den Halbgottstatus und ins Spiel, derweil mein Charakter den wohl nettesten Besuch von allen bekam. Ihre Mama kam nämlich vorbei und spendierte neben dem Halbgottstatus noch ein großes Bananen-Split mit viiiiel Schokosauce sowie ein Mutter-Tochter-Gespräch wegen des unglücklichen Verliebtseins.

Es ist vorbei … oder auch nicht …

Nach der Szene mit der Mama meines Charakters beschrieb ich, wie mein Charakter Türen und Fenster schloss, die Vorhänge zu zog, die Tür verschloss und die Klingel ausschaltete. Der Plan war, einfach nicht mehr erreichbar zu sein. Auszeit, um wieder klar zu kommen und so.

Da hatte ich den Plan allerdings ohne den umziehenden Spieler gemacht. Als der bei seinem versuchten Abschied vor verschlossener Tür stand, klopfte er einfach so lange und energisch ans Fenster, bis ihm schließlich doch geöffnet wurde. Er berichtete davon, sich verabschieden zu wollen, man wechselte ein paar Worte und natürlich drückte man sich zum Abschied. Bei einem Nachkommen der Azteken mit einem One-Way-Ticket weiß man ja auch nie, ob man den jeweils wiedersieht. Opferungen und so. Aber auch mein Charakter empfahl, sich noch bei den anderen zu verabschieden, da sie sich ein bisschen zurückziehen und auf Abstand gehen wolle.

Und dann sagt er plötzlich, mein Charakter solle das mal mit dem Aphrodite-Geborenen auf die Reihe kriegen und klar machen. Abseits von foppenden und spottenden Kommentaren war das bislang von eigentlich keinem Spielinhalt gewesen, sodass nicht nur mein Charakter bei diesen offenen Worten ziemlich perplex war.

An anderer Stelle fetzten sich noch der Aphrodite-Nachkomme und sein „Untermieter“. Vermutlich sogar gut gemeint wollte sich der Odin-Geborene mit dem anderen über Aphrodites Besuch unterhalten und trat damit – wie so oft – richtig fies in einen Fettnapf. In diese Situation platzte dann auch noch der Azteke, um sich zu verabschieden.

Die anderen beiden reagieren überrascht, der Aphrodite-Geborene noch mehr als der andere. Er hätte eigentlich gedacht, man treffe sich am nächsten Tag mal, um sich zu besprechen? Doch der Azteke lehnt ab, will sich nach seinem Abschied hier sofort auf den Weg machen. Merkliche Enttäuschung. Der Azteke sagt, er habe sich von meinem Charakter bereits verabschiedet und werde noch den Loa-Geborenen aufsuchen, um sich dort ebenfalls zu verabschieden. Ach, aber sicherheitshalber: Wahrscheinlich sei aus Richtung der Perserin sowas zu hören wie „nicht da“, „im Urlaub“ oder sowas. Die anderen sollen sich davon mal nicht beirren lassen, denn sie sei sehr wohl zu Hause und igele sich nur ein. Für mich ein echter WTF!?-Moment.

Und bevor er verschwinden will, möchte er noch, dass der Aphrodite-Nachkomme ihm noch ein Versprechen gibt. Der will natürlich erst wissen, was für eines, bevor er ins Blaue hinein irgendwas verspricht. Und der Azteken-Nachkomme meint, er solle jetzt langsam echt mal klar kommen und das mit meinem Charakter regeln. Seit Jahren würden sich alle jetzt das zunehmende Drama ansehen, und jetzt sei doch langsam mal gut. Der Aphrodite-Nachkomme reagiert irritiert und entrüstet zugleich und meint, er wisse überhaupt nicht, wovon er rede. Doch der Azteke lässt sich nicht abwimmeln und meint auf einmal: „So, und wieso hängt da ein Bild von Jala?“

Der nächste WTF!?-Moment, denn von einem Bild war im Spiel bislang nie die Rede. Weder, dass jemand eines von meinem Charakter gemacht, verschenkt oder aufgehangen habe. Entsprechend behauptet der Aphrodite-Sohn also felsenfest, er habe keine Ahnung, wie dieses Bild dort hin gekommen sei und er habe das noch nie gesehen. Odins Sohn kommt (in- wie outplay) so langsam in einen höchst amüsierten Modus, derweil ebenfalls halb inplay und halb outplay erörtert wird, woher das Bild nun also komme und wer es da hingehangen habe. Witzigerweise negiert niemand, dass da auf einmal tatsächlich ein Bild hängt. Die Frage ist nur: Woher? Und da ertönt plötzlich die Stimme aus dem Off vom Spieler des Loa-Nachkommen, der sagt: „Im Zweifelsfall habe ich mich einfach nachts in die Wohnung geschlichen und es aufgehangen.“

Sowas hab ich noch nie erlebt. Noch NIE. Auf einmal macht jeder irgendwie, was er will und jeder kriegt dabei auch noch Support von den anderen, wo an anderer Stelle schon die Fetzen geflogen wären („Du pfuschst in meine Szene/meinen Charakter!“ „Du bist nicht da!“). Und jeder scheint das völlig okay so zu finden. So zumindest mein Eindruck.

End of an era

Und dann ist es wirklich vorbei. Wir haben mittlerweile fast eine Stunde überzogen und es wird stiller am Tisch. Zu unserer Überraschung erfahren wir, dass beim nächsten Mal doch noch eine Szene der aktuellen Story ansteht, die noch „übrig“ geblieben ist. Mich begeistert das nicht so. Ich habe den Eindruck, wir haben diesen Teil der Geschichte gespielt und beendet. Es ist gut so, wie es jetzt ist. Jetzt wieder in dieser Charakterkonstellation zusammenzufinden, nur zwangsläufig ohne den Azteken, weil der dann einfach nicht mehr da ist, kommt mir falsch vor. Dann wissen wir halt nicht, wer der Bösewicht ist oder erfahren es erst nach der nächsten – länger dauernden – Geschichte.

Andererseits komme ich wahrscheinlich eh nicht um eine allgemeine Verabschiedungsszene herum, nachdem mein Charakter als „doch anwesend“ geoutet wurde. Wird schon werden, wird schon laufen.

Ich weiß nur nicht, wie schnell ich dann switchen kann zwischen spielen und leiten. Jetzt hätte ich die ganze Zwischenzeit gehabt, um sacken zu lassen. Und, wie man dem Text anmerkt, brauche ich das eigentlich auch.

Zwischendurch hätte ich echt heulen können am Tisch und musste mich wirklich zusammenreißen, um es nicht zu tun. Das ist mir in einer „ganz normalen“ Gruppensession noch nie passiert, in all den Jahren nicht. Und es wäre kein „mimimi“ gewesen, auch kein „alles doof“ oder sonst irgendwas. Mir ging es gut und mir geht es gut. Aber dieses Gesamtding mit so vielen Abschieden und dann so vielen kleinen coolen Szenen und Aktionen, die machen mich einfach happy-traurig. Eben episch-traurig.

Ich bin echt dankbar, dass ich diesen Abend erleben durfte, genau so, wie er war. Das ist die Stelle für den Rundum-Knuddler, wo sich alle lieb haben.

Da blende ich mal aus. 😉