31 Tage RPG-Quest, 11/31: Bist Du lieber Spieler oder Spielleiter und warum?

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Ich bin lieber Spielleiterin.

Ist nicht so, dass ich nicht gern auch spielen würde. Tatsächlich genieße ich das Spielen sogar. Allerdings spiele ich aktuell nur noch in einer festen Spielrunde mit. Ansonsten sind es One- oder Few-Shots, bei denen ich als Spielerin dabei bin und ich finde, das ist eben nicht dasselbe wie eine langfristige Runde. Kann also sein, dass meine Vorliebe für das SL-Dasein mit auch daher rührt.

Als SL habe ich einerseits immer das (vermeintliche) Wissen, wohin irgendwas führt, gleichzeitig passieren aber immer Dinge durch die teilnehmenden Charaktere, die dieses Wissen ganz oder teilweise über den Haufen werfen. Ob nun vorbereitet oder nicht, sollte ich dauernd auf alles gefasst sein, muss spontan reagieren, muss flexibel bleiben.

Als SL kann ich sehr viel kreativer sein als als Spielerin. Ich kann in derselben Session in ganz viele unterschiedliche (oder auch ähnliche) Figuren schlüpfen, kann Gebäude erschaffen, kann die Räume darin entwerfen, kann ein ganzes Straßenfest stattfinden lassen und über das Wetter bestimmen.

Als SL kann ich noch viel mehr auf die einzelnen Spieler und Charaktere gucken, kann überlegen, was SC 1 jetzt aus der Reserve locken, SC 2 supporten, SC 3 eine bestimmte Info zukommen lassen könnte. Ich kann Ideen aufgreifen und weiterspinnen, ich kann dafür sorgen, dass Dinge so sind, wie die SC sie erwarten und umgekehrt darstellen, dass sie es eben nicht sind.

Diese Vorliebe hat allerdings ganz klar ihre Tücken, will ich an dieser Stelle auch nicht verschweigen.

Ich liebe es, mir Dinge auszudenken und zu planen, mag auch medialen Kram abseits von Sessions (Maps, Soundtracks, Diashows u.ä.) sehr, sehr gern. Einerseits bin ich aber nicht sonderlich gut in solchen Dingen, andererseits (und in Folge dessen) ist Spielvorbereitung nun mit und ohne diese Dinge sehr zeitintensiv. Und Freizeit hab ich nun nicht so viel … das beißt sich also immer mit vielen anderen Dingen, und irgendwas bleibt dauernd auf der Strecke. Das ist ziemlich frustrierend.

„Auf der Strecke bleiben“ ist eine andere Tücke dieser Vorliebe. Ich bin nicht immer so spontan, wie ich sein müsste, selbst in meinem Hauptsystem in spezielleren Bereichen nicht so regelfest, wie ich es (vielleicht) sein sollte. Ich hab nicht immer auf alles sofort eine Antwort, und ich weiß manchmal auch einfach nicht weiter. Manchmal bin ich ratlos, und diese Ratlosigkeit empfinde ich als sehr viel stärkeren Druck, als dies der Fall ist, wenn ich als Spielerin ratlos bin. Ich fühl mich immer sehr verantwortlich für alles, was bei blöden Situationen natürlich auch ein entsprechend blödes Gefühl hinterlässt. Manchmal ist das durchaus berechtigt, weil der Fehler tatsächlich bei mir allein liegt, aber oft sind das Sachen, wo es an verschiedenen Aspekten hakt. Da neige ich dann dazu, erst mal meine Defizite zu sehen und ewig lang darauf herum zu kauen. Nicht sehr hilfreich.

Zugleich habe ich wohl eine ziemlich hohe Erwartungshaltung. Mir ist eigentlich total egal, ob jemand erstmals oder zum x-ten Mal spielt, ob jemand das System oder die Regeln kennt. Das sind so Sachen, bei denen man helfen und unterstützen kann. Aber ich erwarte, dass die Leute Bock haben zu spielen, dass sie pünktlich sind, ein paar Ideen zu ihrem Charakter und dessen Motivation haben, kooperativ spielen wollen (außer in Sonderfällen), dass sie vor allem AKTIV mitmachen. Ich hasse Schweigeminuten im Spiel, ich will kein „Ja, weiß ich jetzt irgendwie auch nicht“. Renn mit vollem Tempo vor die Wand und stoß dir den Kopf, ganz egal, aber TU was – und wenn es ist, dass wer erzählt, wie er jetzt am liebsten gegen eine Wand rennen würde, weil …

Bei Leuten, die passiv spielen, sich mitziehen lassen, unzuverlässig sind, desinteressiert wirken, dauernd (unnötig) ins Outplay rutschen, da verliere ich mittlerweile ganz, ganz schnell die Lust. Bis vor etwa zwei Jahren (oder sogar noch etwas länger) habe ich da ständig das Gespräch gesucht und/oder herauszufinden versucht, ob demjenigen vielleicht irgendwas fehlt, ob ich selbst da irgendwas verbessern kann. Die Zeiten sind aber für mich vorbei. Als Spielerin nerven mich solche Leute schon, aber da denke ich mir bei passivem Spiel noch „Okay, dann nicht, dann hat der Rest halt mehr zu spielen“, und so lange mindestens ein(e) weitere(r) Spieler(in) dabei ist, womit man in Dialog treten kann. Bei One-/Few-Shots ist sowas für mich als Spielerin insgesamt eher egal. Aber als SL, da nervt mich sowas mittlerweile extrem. So extrem, dass ich mittlerweile dazu neige, bei sowas kurzerhand alles hinzuschmeißen, wenn da nicht mindestens 2-3 Leute sind, die mich bei der Stange halten. Auch nicht das Gelbe vom Ei.

Trotzdem … leite ich lieber. Weil diversem Druck, Stress, Zeitmangel und Ärger, der immer ziemlich nah an mich ran kommt, immer Dinge entgegen stehen. Denn wenn es eine Session gibt, wo Kleinigkeiten von mir aufgegriffen werden, zu Inplay, zu einem Diskussionspunkt, zu Drama und SC-Emotionen werden, wo irgendwelche NSC mehr sind als Informationsgeber oder Antagonisten, sondern sich SC um sie sorgen, sie in ihre Handlungen einbeziehen wollen, wo Leute einfach vollauf im Inplay bleiben können, weil die Umgebung steht und nichts offen ist, was sie davon abhält, wenn mir jemand später sagt, wie toll er die Geschichte oder bestimmte Aspekte davon fand, wenn ein SC neue Motivationen bekommt, eine neue oder erweiterte Richtung durch das, was ich ins Spiel gebracht habe … dann sind das Momente, in denen ich einfach total happy bin. Solche Szenen, solche Sessions, solche Mitspieler, die tragen mich dann einfach teilweise Tage lang und ich bin wirklich dankbar für solche Momente.

Und wenn dann wieder was kommt, was mich echt anätzt oder mir der Alltag mal wieder einen Strich durch die Rechnung macht, dann habe ich zu dem Zeitpunkt bestenfalls schon beflügelt durch jüngsten Ereignisse einiges vorbereitet und stehe beim nächsten Mal nicht mit leeren Händen da.

Funktioniert leider bei weitem nicht im direkten Ausgleich. Aber was nicht ist, kann ja noch werden – und auch diese Hoffnung wird stets vor allem durch vorbeschriebene Highlight genährt.